Fellows 2018/2019
Dr. Thomas Adams
The University of Sydney, Australien
Robert Charles'Worlds: Labor, Migration and the Political Economy of the Jim Crow Gulf Coast, 1877-1965
Thomas Adams ist US-amerikanischer Historiker. Im Zentrum seines Forschungsinteresses stehen insbesondere die verschiedenen Formen, in denen sich soziale Ungerechtigkeit im Laufe der Geschichte präsentierte, und wie sie zuweilen überwunden wurde. Seine Forschungsgebiete sind die Geschichte der Arbeit und der politischen Ökonomie im Kontext von Urbanität, afro-amerikanisches Leben, Gender, soziale Bewegungen und das aktuelle politische Leben. Er arbeit auch unmittelbar zur Geschichte und Gegenwart von New Orleans, Louisiana, sowie zur Golfküste der Vereinigten Staaten.
2009 erhielt er seinen Doktortitel in Geschichte von der University of Chicago, wo seine Forschungsschwerpunkte die US-amerikanische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts sowie vergleichende Forschung zu den Themen Theorie der globalen Arbeit, politische Ökonomie und Sozialtheorie waren. Seine Dissertation, die bald als Monografie veröffentlicht wird, ist eine Studie der Geschichte des Dienstleistungssektors als kulturelle und politische Kategorie menschlicher Arbeit in den USA sowie der Art und Weise, wie diese Geschichte den Hintergrund für die hartnäckige Weigerung der US-amerikanischen Gesellschaft bildet, sich bestimmte Arbeitsformen als Zugang zu ökonomischer Sicherheit vorzustellen. Von 2009 bis 2014 war er Mellon-Postdoc-Fellow sowie New Faculty Fellow am American Council of Learned Societies der Tulane University. 2014 trat er eine Vollzeitstelle im Fachbereich Geschichte und Amerikastudien der University of Sydney an, wo er bis heute auch akademischer Leiter des United States Studies Centre ist.
Bei re:work wird er sich einem monographischen Forschungsprojekt mit dem vorläufigen Titel „Robert Charles’ Worlds: Labour, Migration and the Political Economy of the Jim Crow Gulf Coast“ widmen. Darin geht es hauptsächlich um den Versuch, Geschichte und Politik von Entmündigung und Segregation neu zu konzeptualisieren – und zwar bezogen auf Verschiebungen in den Bereichen urbaner politischer Ökonomie, der radikalen Arbeiterbewegung und ihres Scheiterns sowie den Bewegungen von Menschen und Waren zwischen New Orleans, dem ruralen Süden der USA, dem Golf von Mexiko und Südeuropa.
Gemeinsam mit seinem früheren Kollegen Matt Sakakeeny stellte er erst kürzlich unter dem Titel „Remaking New Orleans: Beyond Exceptionalism and Authenticity“ (Duke UP, 2019) eine Aufsatzsammlung zusammen. Am Beispiel von New Orleans wird darin die implizite oder auch explizite Verwendung der Konzepte von Authentizität und Exzeptionalismus in den Sozial- und Geisteswissenschaften in Frage gestellt, die als Legitimationsgrundlagen zur Verdinglichung struktureller Ungleichheiten und einem ahistorischen Verständnis einer statischen Kultur dienen. Gemeinsam mit Steve Striffler gab er 2014 mit „Working in the Big Easy: The History and Politics of Labour in New Orleans“ das erste Buch heraus, das sich an einer umfassenden Darstellung der Geschichte der Arbeit in dieser Stadt versucht – von ihrer Gründung bis zur Gegenwart. Zu weiteren in den letzten Jahren erschienenen Artikeln gehören: eine Kritik des aktuelles Diskurses ökonomischer Ungleichheit („The Theater of Inequality“, Nonsite, 2014); eine Studie der frühen Debatten zur undokumentierten Arbeit als Wirtschaftsproblem („Immigration Politics, Service Labour, and the Problem of the Undocumented Worker in Southern California“, in: Marilyn Halter u. a. (Hrsg.), What’s New About the New Immigration, 2014); eine Untersuchung der Abwertung von Arbeit im Dienstleistungssektor anhand der Fernsehserie „The Wire“ („Gender, The Wire, and the Limits of the Producerist Critique of Modern Political Economy“, Labour, 2013); sowie eine Reihe von Meinungsartikeln in Medien wie Jacobin und Common Dreams.
Literatur
mit Matt Sakakeeny. Remaking New Orleans. Beyond Exceptionalism and Authenticity. Durham NC: Duke University Press, im Erscheinen.
„Immigration Politics, Service Labor, and the Problem of the Undocumented Worker in Southern California“. In What’s New About the „New“ Immigration?, herausgegeben von Marilyn Halter et al. New York, NY: Palgrave Macmillan, 2014.
„The Theater of Inequality“. Nonsite, Nr. 12 (2014).
mit Steve Striffler. Working in the Big Easy. The History and Politics of Labor in New Orleans. Lafayette, LA: University of Louisiana at Lafayette Press, 2014.
„Gender, The Wire, and the Limits of the Producerist Critique of Modern Political Economy“. Labor. Studies in Working-Class History of the Americas 10, Nr. 1 (März 2013): 29–34.
Zuletzt aktualisiert: 09. August 2018
Dr. Supurna Banerjee
Institute of Development Studies Kolkata (IDSK), Indien
From Mazdoor to Naukrani: Making of a Precariat Labour
Supurna Banerjee erhielt 2014 ihren Doktortitel in Soziologie an der University of Edinburgh. In ihrer Dissertation, einer Monographie mit dem Titel „Activism and Agency in India: Nurturing Resistance in the Tea Plantations“, untersucht sie die geschlechtsspezifischen Arbeitsbeziehungen auf den Dooars-Teeplantagen im indischen Bundesstaat West-Bengal. Mithilfe ethnografischer Methoden auf zwei Plantagen geht sie der Komplexität eines Raumes nach, der sowohl Arbeitsplatz als auch Wohnraum für die migrantischen Arbeitskräfte darstellt. Sie zeichnet dabei nach, wie die Arbeit von Frauen auf den Plantagen ihren „natürlichen“ physiologischen oder psychologischen Eigenschaften zugeordnet wird, wodurch Fragen nach Ausbildung, Erfahrung oder Geschick völlig ausgeblendet werden können. Die Folge ist, dass Frauen sich in Niedriglohn-Jobs wiederfinden. Untersucht werden darüber hinaus die unzähligen Art und Weisen, wie die alltäglichen Erfahrungen von Frauen einen aktiven Umgang mit ihrer Lebenssituation veranschaulichen.
Als Postdoc-Fellow am Institute of Development Studies Kolkata (IDSK) war Banerjee an einem Forschungsprojekt des Indian Council of Social Science Research mit dem Titel „Trade Unions and Collective Bargaining: Case Study of West Bengal“ beteiligt. 2014 wurde sie dann Fakultätsmitglied am IDSK für den Fachbereich der Politikwissenschaften. Sie war als Co-Principal Investigator am Forschungsprojekt des Indian Council of Social Science Research mit dem Titel „Reconceptualising Domestic Violence: Shifting Discourse within the Women’s Movement in India“ sowie an einem vom Morrell Trust Fund, York University, GB, finanzierten Projekt zu „Inequality, Injustice and Exploitation: The Different Blends in Assam Tea“ beteiligt. Während die Themen Geschlecht und Arbeit im Fokus ihrer Arbeit stehen, gehören zu ihren weiteren Forschungsinteressen auch die Bereiche Peripherien, Intersektionalität, urbane Studien und Migration.
Bei re:work wird Banerjee sich einem Projekt mit dem Titel „From Mazdoor to Naukrani: Making of Precariat Labour“ widmen. Der Rückgang der Zahl von Arbeitskräften in geregelten Verhältnissen in Indien geht mit der Zunahme ungeregelter Beschäftigungsverhältnisse einher. Und diesen Prozess der Schaffung/Auflösung einer prekarisierten Erwerbsbevölkerung in den Städten versucht sie auf eines der am stärksten geregelten Beschäftigungsfelder in Indien zurückzuführen – die Teeplantagen. Zunächst zeichnet sie nach, wie die Belegschaft auf Plantagen „fügsam“ gemacht wurde und wie die Arbeiter/-innen damit umgingen. Dann widmet sie sich der aktuellen Krise auf den Teeplantagen in West-Bengal, die in den 2000er Jahren begann und zu einer verstärkten Migration führte, insbesondere von arbeitsuchenden Frauen, die schließlich in verschiedenen ungeregelten Sektoren im ganzen Land Beschäftigung fanden. Sie zeichnet auch die soziale Geschichte dessen nach, wie diese prekarisierte Arbeiterschaft geschaffen wurde, und liefert Erkenntnisse zu den sich wandelnden Vorstellungen von Kompetenzen, freier/unfreier Arbeit, geschlechtsspezifischen Arbeitsverhältnissen und generationsübergreifenden Aushandlungsprozessen im Kontext sich wandelnder Lebensläufe.
Literatur
„From “Plantation Workers” to “Naukrāni”. The Changing Labour Discourses of Migrant Domestic Workers“. Journal of South Asian Development 13, Nr. 2 (im Erscheinen).
mit Nandini Ghosh. „Debating Intersectionalities. Challenges for a Methodological Framework“. South Asia Multidisciplinary Academic Journal, im Erscheinen.
Activism and Agency in India. Nurturing Resistance in the Tea Plantations. London: Routledge, 2017.
„Too Much or Too Little? Paradoxes of Disability and Care Work in India“. Review of Disability Studies 13, Nr. 4 (2017).
mit Zaad Mahmood. „Judicial Intervention and Industrial Relations. Exploring Industrial Disputes Cases in West Bengal“. Industrial Law Journal 46, Nr. 3 (September 2017): 366–96.
„We Are Still Junglis to Them. Institutionalising Marginalities Among the Adivasis in Dooars“. In From the Margins to the Mainstream. Institutionalising Minorities in South Asia, herausgegeben von Hugo Gorringe, Roger Jeffery, und Suryakant Waghmore. Thousand Oaks, CA: SAGE Publications, 2016.
Zuletzt aktualisiert: 15. August 2018
Dr. Eszter Bartha
Eötvös Loránd Tudományegyetem, Budapest, Ungarn
Social and Political Attitudes of the "Old” and "New” Industrial Working Classes in Eastern Germany (the former GDR) and Hungary
Dr. habil. Eszter Bartha ist außerordentliche Professorin an der Fakultät für Osteuropastudien der Eötvös-Loránd-Universität (ELTE) in Budapest, Ungarn. Im Fokus ihrer Forschungsarbeit befindet sich die soziale Nachkriegsgeschichte Osteuropas, mit einem besonderen Augenmerk auf das Thema Arbeit. Sie hat zahlreiche Beiträge zur Arbeiterklasse sowie zur sozialistischen Ära verfasst, einschließlich ihres Buchs „Alienating Labour: Workers on the Road from Socialism to Capitalism in East Germany and Hungary“ (2013), das bei Berghahn erschien. Bei ihrem Forschungsvorhaben bei re:work untersucht sie die Herausbildung der neuen industriellen Arbeiterklasse in Ostdeutschland und Ungarn sowie die gesellschaftlichen und politischen Ansichten von Fabrikarbeiter/-innen in multinationalen Unternehmen.
Literatur
„"This Workers’ Hostel Lost Almost Every Bit of Added Value It Had”. Workers’ Hostels, Social Rights and Legitimization in Welfare Dictatorships“. In Labor in State Socialist Europe after 1945. Contributions to Global Labor History, herausgegeben von Marsha Siefert. Budapest; New York: Central European University Press, im Erscheinen.
„Transforming Labour. From the Workers’ State to the Post-Socialist Re-Organization of Industry and Workplace Communities“. Jahrbuch Für Wirtschaftsgeschichte / Economic History Yearbook 58, Nr. 2 (2017): 413–38.
mit Tamás Bezsenyi, Hrsg. Egy másik Kelet-Európa. Munkás-és társadalomtörténeti tanulmányok Mark Pittaway emlékére [=Another Eastern Europe. Studies in Labour and Social History in Honor of Mark Pittaway]. Budapest: ELTE BTK Kelet-Európa Története Tanszék, 2017.
„Combattenti solitari. Lavoratori tedeschi e ungheresi in epoca postcomunista [=Lonely Fighters. German and Hungarian Workers in Post-communism Period]“. Passato e Presente 31, Nr. 88 (2013): 37–56.
„“Something Went Wrong with This Capitalism”. Illusion and Doubt in a Hungarian (Post)Industrial Community“. In Ethnographies of Doubt. Faith and Uncertainty in Contemporary Societies, herausgegeben von Mathijs Pelkmans, 191–224. London: I. B. Tauris, 2013.
Zuletzt aktualisiert: 27. September 2018
Prof. Baz Lecocq
Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland
Awad el Djouh: A Global Microhistory of Slave Trade in the Mid-Twentieth Century
Baz Lecocq ist seit 2014 Professor für afrikanische Geschichte am Institut für Asien- und Afrikawissenschaften (IAAW) der Humboldt-Universität zu Berlin. Zuvor war er von 2007 bis 2014 Professor für afrikanische Geschichte an der belgischen Universität Gent, wo er noch immer eine Gastprofessur innehat. Sein Fachgebiet ist die zeitgenössische Geschichte und Politik der Zentralsahara und Sahelzone. Besonders interessiert ihn, wie sich lokale politische und soziale Strukturen herausgebildet und im Kontext kolonialer und postkolonialer Staaten gewandelt haben. Zu diesem Wandel gehören die Staats- und Nationsbildung, die Religionspolitologie, wirtschaftliche Änderungen, veränderte Einstellungen zur Arbeit und Arbeitsmigration sowie der Wandel in den soziokulturellen Hierarchien zwischen Menschen mit adliger Herkunft und solchen mit Sklavenhintergrund, was Einfluss auf die lokale Wahrnehmung von Lebenszyklen sowie auf die Möglichkeiten für einen sozialen und politischen Aufstieg hat.
Im Rahmen seines Forschungsvorhabens bei re:work wird er sich auf den letzteren Aspekt konzentrieren. Weitere Schwerpunkte des Projekts sind die Art und Weise, wie Wahrnehmungen sozialer Herkunft und Einstellungen zu Arbeit mit den Anforderungen und Erwartungen kolonialer Arbeitsrichtlinien sowie mit modernen globalen Rechtsordnungen in Konflikt gerieten, die eingeführt wurden, um freie Arbeitsbeziehungen zu schützen. Die Untersuchung basiert auf dem Fall eines Mannes aus dem heutigen Nord-Mali namens Awad el Djouh, der durch einen anderen Mann aus derselben Region, Mohamed Ali ag Attaher Insar, 1948 in Mekka als Sklave verkauft wurde. 1954 gelang Awad el Djouh die Flucht und die Rückkehr nach Hause, wo er bei der Polizei eine Beschwerde einreichte. Am Ende wurde der Fall vor einem Gericht in Französisch-Sudan als „Arbeitsdisput“ behandelt. Unterstützung erhielt er bei dem Gerichtsverfahren von der französischen CGT-Gewerkschaft, die die Hoffnung hegte, anhand von Awads Fall Problematiken rund um den rechtlichen Status der sogenannten „durch lokale Gebräuche begründeten Arbeitsbeziehungen“ klären zu können, die bis dato in der Gesetzgebung unberücksichtigt geblieben waren. Der Fall gewann auch eine internationale Dimension, da er prompt Teil einer neu aufgeflammten Debatte in der ILO zu Zwangsarbeit wurde – eine Debatte, die stark vom Kontext des Kalten Krieges beeinflusst war. Ähnliche Fragen zum Sklavenhandel tauchten auch bei den Vereinten Nationen zwischen 1954 und 1956 auf und hatten großen Einfluss auf damalige Menschenrechtsdebatten. Mit dem Projekt soll nachgewiesen werden, wie der fortgesetzte Sklavenhandel und die verborgene Sklaverei in Westafrika – dann im neuen Gewand von „Arbeitsdisputen“ – die lokalen Debatten zur Natur und rechtlichen Legitimität des Kolonialstaates zu Zeiten der Entkolonialisierung beeinflussten.
Literatur
„Awad El Djouh. A Story of Slave Trade in the Mid Twentieth Century“. In Magnifying Perspectives. Contributions to History, A Festschrift for Robert Ross, herausgegeben von Iva Peša und Jan-Bart Gewald, 149–65. Leiden: African Studies Centre, 2017.
„Awad El Djouh and the Dynamics of Post-Slavery“. International Journal of African Historical Studies 48, Nr. 2 (2015): 193–208.
mit Eric Hahonou. „Introduction. Exploring Post-Slavery in Contemporary Africa“. International Journal of African Historical Studies 48, Nr. 2 (2015): 181–92.
„Tuareg City Blues. Cultural Capital in a Global Cosmopole“. In The Tuareg Society Within a Globalized World. Saharian Life in Transition, herausgegeben von Anja Fischer und Ines Kohl, 41–58. London: Tauris Academic Studies, 2010.
„The Bellah Question. Slave Emancipation, Race, and Social Categories in Late Twentieth-Century Northern Mali“. Canadian Journal of African Studies 39, Nr. 1 (2005): 42–68.
„Unemployed Intellectuals in the Sahara. The Teshumara Nationalist Movement and the Revolutions in Tuareg Society“. International Review of Social History 49, Nr. S12 (2004): 87–109.
Zuletzt aktualisiert: 16. August 2018
Prof. Marcel van der Linden
International Institute for Social History (IISH), Amsterdam, Niederlande
Why Do Workers (Not) Rebel?
Marcel van der Linden (1952) ist Honorary Fellow des Internationalen Instituts für Sozialgeschichte (Königlich Niederländische Akademie der Wissenschaften), dessen Forschungsdirektor er von 2001 bis 2014 war. Er ist auch Professor emeritus für die Geschichte sozialer Bewegungen an der University of Amsterdam (UvA). Dort erhielt er auch seinen Doktortitel cum laude (1989). Die Universität Oslo verlieh ihm die Ehrendoktorwürde (2008), er erhielt den René-Kuczynski-Preis (Wien 2009) und den Historikerpreis (Bochum 2014). Er war Gastprofessor in Wien (2003 und 2008), er hatte den Marcel-Liebman-Stuhl an der Université Libre de Bruxelles inne (2009–10) und er war Concurrent Professor an der Universität Nanjing (2009–12). Er ist Mitbegründer der Association of Indian Labour Historians (1996), des European Labour History Network (2013) und des Global Labour History Network (2015). Er war und ist weiterhin Vorsitzender der International Social History Association (2005-10, 2010-15, 2015-20). Seine Bücher und Artikel wurden in siebzehn verschiedene Sprachen übersetzt.
Bei re:work wird er an einem Buchmanuskript mit dem Titel „Why Do People Not Rebel?“ arbeiten, und er wird vier Bände des Werks „The Global History of Work: Critical Readings“ abschließen, das 2019 erscheinen soll.
Literatur
mit Gerald Hubmann, Hrsg. Marx’s Capital. An Unfinishable Project? Boston: Brill, 2018.
mit Hofmeester, Karin, Hrsg. Handbook Global History of Work. Berlin: De Gruyter, 2018.
mit Kocka, Jürgen, Hrsg. Capitalism. The Reemergence of a Historical Concept. London: Bloomsbury, 2016.
mit Karl Heinz Roth, Hrsg. Beyond Marx. Theorising the Global Labour Relations of the Twenty-First Century. Leiden: Brill, 2014.
Workers of the World. Essays Toward a Global Labor History. Leiden: Brill, 2008.
Transnational Labour History. Explorations. Burlington, VT: Ashgate, 2003.
Zuletzt aktualisiert: 27. September 2018
Prof. Dina Makram-Ebeid
The American University in Cairo (AUC), Ägypten
Precarious Revolution: Work and Labour in the Shadows of the Egyptian Rebellion of 2011
Dina Makram-Ebeid ist Assistant Professor für Soziologie an der American University (AUC) in Kairo. Ihren Doktor in Ethnologie erhielt sie 2013 in Großbritannien an der London School of Economics and Political Science (LSE). Vor ihrer Lehrtätigkeit an der AUC war sie Postdoktorandin am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle (2012–2015) sowie Research Fellow bei re:work an der Humboldt-Universität zu Berlin (2015–2016).
Zu den Lehr- und Forschungsinteressen von Dr. Makram-Ebeid gehören die Schnittstellen von Arbeit und Arbeitskraft, soziale Bewegungen, Geschlecht, Affekte, Wert und geistige Gesundheit. Ihr erstes langfristiges ethnografisches Forschungsprojekt führte sie in Helwan durch, einer Industriestadt südlich von Kairo. Den Schwerpunkt ihrer Forschung legte sie auf die Sozialgeschichte von al-Tibbin, einer Werkssiedlung in Helwan, in der sich das größte und älteste, staatlich betriebene Stahlwerk in Ägypten befindet, das in den 1950er Jahren unter der Regierung von Gamal Abdel Nasser erbaut wurde. In ihrer Arbeit untersucht sie, wie sich bestimmte Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor (ob als Arbeiter/-in oder Angestellte/-r), lokal als waẓīfa (Amt) bekannt, in den Jahren der neoliberalen Umstrukturierung langsam von gewöhnlichen Arbeitsplätzen im Grunde zu einer Form des potenziellen privaten Eigentumsrechts entwickelt haben, das viele Stahlarbeiter/-innen vom Rest der arbeitenden Bevölkerung in al-Tibbin unterscheidet. Mit der Kartierung der Klassenpolitik in al-Tibbin gelang es dem Forschungsvorhaben offenzulegen, wie der Zugang zum waẓīfa gleichbedeutend wurde mit Stabilität oder ʾistiqrār-, einem in al-Tibbin hochgeschätzten Wert, den sich der Staat wiederum zunutze gemacht hat, um die Stabilität aufeinanderfolgender Regierungen mit der Stabilität von Ehen und Arbeitsplätzen zu verknüpfen.
In den letzten Jahren hat Dr. Makram-Ebeid begonnen zu untersuchen, wie es um die Gefühlslage von Menschen im Nachklang von Revolutionen steht. In ihrer Forschung beleuchtet sie die verschiedenen affektiven und emotionalen Reaktionen auf die jüngsten Aufstände in Ägypten und ihre Auswirkungen auf die Entwicklung jener Menschen, die diese höchst turbulenten Zeiten durchlebt haben. Im Fokus steht die Frage, wie sich diese affektiven Erfahrungen auf das Erinnern, die generationsübergreifende Wissensweitergabe und die Sprache auswirkten, die Menschen nutzen, um die Möglichkeitsräume in politischen Kämpfen zu benennen. Der Forschung liegt das Interesse zugrunde zu erkunden, inwiefern Affekte einen Teil der aktuellen politischen Ökologie Ägyptens darstellen statt lediglich Rückstände zentraler Ereignisse.
Bei re:work wird Dr. Makram-Ebeid dieses Jahr an einem Buchmanuskript mit dem Titel „Precarious Revolution: Work and Class in the Aftermath of the Egyptian Rebellion“ arbeiten. In dieser Forschung untersucht sie die Rolle von Arbeitskämpfen im Vorfeld der ägyptischen Revolution/ des Aufstands von 2011. Aufbauend auf ihrer ethnografischen Arbeit in al-Tibbin, der Stahlarbeitersiedlung in Helwan (2008–2018), möchte sie aufzeigen, dass dem Klassenkampf eine entscheidende Rolle beim Ausgang der Ereignisse von 2011 zukam. Obgleich der Aufstand aus westlicher Sicht und von lokalen Medien als das Werk von an westlichen Werten orientierten jungen Menschen aus der Mittelschicht gepriesen wurde, betont die Untersuchung den zentralen Beitrag von Arbeiter/-innen zur Revolution. Dabei legt sie den Fokus jedoch nicht auf organisierte Arbeiter/-innen und die neuen unabhängigen Gewerkschaften, die im Mittelpunkt bisheriger Forschungen rund um den Themenkomplex Arbeiter/-innen und die Revolution standen, sondern auf die prekarisierten/ unorganisierten Arbeiter/-innen und ihrer oft recht radikalen und kurzlebigen/vorübergehenden Teilhabe an den Ereignissen. Makram-Ebeid kommt zu dem Schluss, dass diese oftmals von den „spektakulären“ Bewegungen organisierter Arbeiter/-innen in den Schatten gestellt wurden. In ihrem Manuskript versucht sie daher die Hoffnungen und Widerstandsstrategien prekarisierter Arbeiter/-innen zusammenzufügen, die bei der Geschichtsschreibung der Revolution außen vor geblieben sind. Sie fragt, woher es kommt, dass ihr Anteil nie in den narrativen Fokus revolutionärer Gruppen und der breiteren Geschichtsschreibung jener Ereignisse Eingang gefunden hat. Indem die Stellung des Klassenkampfes unter den Arbeiter-Communities, unter den eher „mittelschichtsorientierten Arbeiter/-innen“ des Stahlwerks und den prekarisierten Arbeiter/-innen, die in den nicht-organisierten Sektoren rund um das Werk tätig sind (und die hauptsächlich aus dem Ort selbst stammen und die ursprünglichen Besitzer/-innen des Landes sind, auf dem das Werk errichtet wurde), beleuchtet wird, untersucht Dr. Makram-Ebeid die zentrale Rolle von Arbeit und sich entwickelnder Eigentumsbeziehungen bei der Entstehung des Revolutionsnarrativs. Obgleich es im Nachhinein natürlich schwer möglich ist, sich einen alternativen Revolutionsverlauf vorzustellen, versucht sie in ihrem Manuskript auch der Frage nachzugehen, ob es zu einer besseren Umverteilungspolitik gekommen wäre, wenn die Kämpfe prekarisierter Arbeiter/‑innen stärker im Fokus der Ereignisse gestanden hätten.
Literatur
„Precarious Revolution: Labour and Neo-Liberal Securitisation in Egypt“. Dialectical Anthropology, forthcoming.
„Grappling with Forms of Justice: Combating Sexual Violence in Civil Society“. Mada Masr, 2018. https://madamasr.com/en/2018/03/08/opinion/u/grappling-with-forms-of-justice-combating-sexual-violence-in-civil-society/.
„Between God and the State. Class, Precarity, and Cosmology on the Margins of an Egyptian Steel Town“. In Industrial Labor on the Margins of Capitalism. Precarity, Class, and the Neoliberal Subject, herausgegeben von Chris Hann und Jonathan Parry, 180–96. New York, NY: Berghahn, 2018.
„Social Movements and Imaginations of Economic Alternatives“. In The Egyptian Economy in the Twenty First Century, herausgegeben von Wael Gamal. Cairo: Dar Al Maraya, 2017.
„Labour Struggles and the Quest for Permanent Employment in Revolutionary Egypt“. In The Political Economy of the New Egyptian Republic, herausgegeben von Nicholas S Hopkins, 65–84. Cairo: American University in Cairo Press, 2015.
„“Old People Are Not Revolutionaries!” Labor Struggles Between Precarity and Istiqrar in a Factory Occupation in Egypt“. Jadaliyya - جدلية, 25. Januar 2015.
Zuletzt aktualisiert: 12. April 2019
Dr. Melissa Marschke
University of Ottawa, Kanada
Ecologies of Labour: Unpacking Labour Abuse in the Seafood Sector
melissa.marschke(at)uottawa.ca
Dr. Melissa Marschke ist außerordentliche Professorin an der School of International Development and Global Studies der University of Ottawa. Der akademische Hintergrund von Dr. Marschke liegt in den Beziehungen zwischen Mensch und Umwelt, mit einem besonderen Fokus auf die Themen Existenzgrundlagen, Allmendegüter und Umweltmanagement. Geographisch konzentriert sie sich hauptsächlich auf Südostasien, obgleich sie sich in letzter Zeit auch vermehrt dem Thema Meeresfrüchte in Kanada und der Karibik gewidmet hat. In ihren aktuellen Forschungsprojekten setzt sie sich mit folgenden Themen auseinander: Arbeit im Meeresfrüchte-Sektor; die asiatische Dörrfischindustrie; soziales Wohlergehen und Ökosystemdienste in Küstengebieten und die Sandgewinnung in Küstenbereichen. Dr. Marschke ist Autorin des Buches „Life, Fish and Mangroves: Resource governance in coastal Cambodia“ (U Ottawa Press, 2012) und hat Beiträge für zahlreiche Zeitschriften verfasst, unter anderem bei Marine Policy, Environmental Science & Policy, Ecology & Society sowie Rural Studies.
Ihr Projekt bei re:work trägt den Titel „Ecologies of Labour: Unpacking labour, ecology and mobility within the seafood sector“. Ihre Forschung zielt darauf ab, über die weit verbreiteten Schreckensmeldungen zu arbeitsrechtlichen Verstößen in der Meeresfrüchtebranche durch NGOs oder die Medien hinauszugehen oder an Indikatoren für Menschenhandel oder moderne Sklaverei – wie dieser Zustand von NGOs oft bezeichnet wird – anzuknüpfen. Stattdessen möchte sie verstehen, welche sozialen und ökologischen Bedingungen solche inakzeptablen Arbeitsverhältnisse überhaupt erst hervorrufen. Dr. Marschkes Projekt bei re:work gibt ihr die Möglichkeit, einen konzeptionellen Rahmen für das Verständnis der Arbeitsdynamiken im Fischereisektor zu erarbeiten, mit dem idealerweise gleich konkrete politische Herangehensweisen definiert werden können. Mithilfe einer Metaanalyse bisheriger Forschungsergebnisse möchte sie einen Rahmen schaffen, der eine Verflechtung der Schwerpunktthemen Arbeit, Ökologie und Mobilität in der Fischerei ermöglicht. Darüber hinaus wird sie den geographischen Fokus über die thailändische Fischerei hinaus bis zu den Grenzregionen von Myanmar und Kambodscha erweitern (und sogar jenseits von Südostasien), um die dort vorherrschenden Arbeitspraktiken untersuchen zu können. Diese Forschung soll dabei helfen, ein tiefes theoretisches Verständnis der aktuellen Fischereikrise zu entwickeln und arbeitsrechtliche Problematiken in diesem Sektor auf breiterer Ebene zu untersuchen. Neue Erkenntnisse zur Dynamik der Arbeitsbeziehungen im Fischereisektor sollen die Grundlage für ein Langzeit-Forschungsprogramm legen.
Literatur
mit Simon Bush, und Ben Belton. „Labour, Social Sustainability and the Underlying Vulnerabilities of Work in Southeast Asia’s Seafood Value Chains“. In Routledge Handbook of Southeast Asian Development, herausgegeben von Andrew McGregor, Lisa Law, und Fiona Miller. London ; New York: Routledge, 2018.
mit Courtney Kehoe, und Peter Vandergeest. „Migrant Worker Experiences in Atlantic Canadian Fish Processing Plants. Migrant Fish Workers“. The Canadian Geographer, 2018, 1–12.
mit John N. Kittinger, Lydia C. L. Teh, Edward H. Allison, Nathan J. Bennett, Larry B. Crowder, Elena M. Finkbeiner, u. a. „Committing to Socially Responsible Seafood“. Science 356, Nr. 6341 (2017): 912–13.
mit Olivia Tran. „From Trafficking to Post-Rescue. Insights from Burmese Fishers on Coercion and Deception in (Anti)Trafficking Processes“. Series Paper 3. Bangkok: Issara Institute, 2017.
mit Peter Vandergeest, und Olivia Tran. „Modern Day Slavery in Thai Fisheries. Academic Critique, Practical Action“. Critical Asian Studies 49, Nr. 3 (2017): 461–64.
mit Peter Vandergeest. „Slavery Scandals. Unpacking Labour Challenges and Policy Responses Within the Off-Shore Fisheries Sector“. Marine Policy 68 (2016): 39–46.
Zuletzt aktualisiert: 27. September 2018
Prof. Blair Rutherford
Carleton University, Ottawa, Kanada
Labour and Social Citizenship in Neoliberal Times: Lessons from Rural Sub-Saharan Africa
blair.rutherford(at)carleton.ca
Blair Rutherford ist Professor für Anthropologie am Fachbereich für Soziologie & Anthropologie der Carleton University im kanadischen Ottawa, wo er auch der Gründungsdirektor des Instituts für Afrikastudien war. Seit mehr als 25 Jahren liegt der Schwerpunkt seiner ethnografischen Forschungsarbeit auf verschiedenen afrikanischen Ländern in der Sub-Sahara-Region, wo er die kulturelle Politik vornehmlich ländlicher Gemeinschaften und insbesondere die sich verändernden Rahmenbedingungen und Widersprüche von Arbeitsbeziehungen analysierte, und zwar entlang verschiedener Achsen – der Kategorie „race“, Geschlecht, Klasse und Staatsangehörigkeit – innerhalb überlappender (und zuweilen miteinander in Konflikt stehender) Handlungsebenen. In seinen ersten Forschungsprojekten in den 1990er Jahren untersuchte Rutherford Farmarbeiter/-innen in großen kommerziellen Landwirtschaftsbetrieben in Simbabwe (die zumeist im Besitz weißer Simbabwer/-innen waren) sowie ihre Beziehungen zum Management sowie zu Behörden, politischen Parteien, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen. Später untersuchte er die Beteiligung dieser Farmarbeiter/‑innen an den hochpolitisierten Landbesetzungen und dem massiven Programm zur Umverteilung von Land von Weißen an schwarze Simbabwer/-innen in den 2000er Jahren. Anschließend analysierte er im Rahmen einer Forschung mit simbabwischen Migrant/-innen im Norden Südafrikas, wie sich die verändernden und für sie oft unklaren Einwanderungsmodalitäten und -gesetze auf ihre Arbeitsbedingungen und ihre Überlebensmöglichkeiten auf kommerziellen Zitrusfarmen sowie in der Grenzstadt Musina auswirkten. Gemeinsam mit seiner Carleton-Kollegin Doris Buss steht er aktuell als Co-Direktor verschiedenen Forschungsprojekten vor, in deren Fokus der handwerkliche und Kleinbergbau steht. Analysiert werden sollen die geschlechtsspezifischen Einkommensmöglichkeiten sowie die Beziehungen zu den Behörden im Rahmen neuer Initiativen zur Formalisierung und rechtlichen Regulierung dieser Tätigkeit.
Sein Projekt bei re:work basiert auf laufenden Forschungen zum Thema handwerklicher und Kleinbergbau in verschiedenen Ländern der Sub-Sahara-Region und konzentriert sich auf die Frage, wie Kategorien wie Geschlecht, Familien und Beziehungen sowie diesbezügliche Vorstellungen sowohl die Möglichkeiten als auch die Hürden in diesem Sektor bedingen. Dabei geht es um die verfügbaren Arbeitsfelder, ihre Bezahlung sowie um die Möglichkeit, Menschen für gewisse Aufgaben anzustellen oder dafür angestellt zu werden. Arbeit wird hier nicht allein als Produktionsfaktor verstanden, sondern auch als Möglichkeit, Ansprüche gegenüber anderen zu erheben. In diesem Sinne geht es auch um eine Analyse der Beziehungen und Dynamiken von Abhängigkeiten und Interdependenzen, mit denen es Männer und Frauen in verschiedenen Lebensphasen zu tun haben. Zusammengefasst zielt dieses Forschungsprojekt darauf ab, die Dynamiken von Prekarität vor dem Hintergrund entsprechender Politiken zu beleuchten und die zugehörigen Themen Bergbau, soziale Absicherung und Entwicklung mit einzubeziehen.
Literatur
Farm Labor Struggles in Zimbabwe. The Ground of Politics. Bloomington: Indiana University Press, 2017.
mit Chris Huggins, und Doris Buss. „A ‘Cartography of Concern’. Place-Making Practices and Gender in the Artisanal Mining Sector in Africa“. Geoforum 83 (Juli 2017): 142–52.
„The Politics of Boundaries. The Shifting Terrain of Belonging for Zimbabweans in a South African Border Zone“. African Diaspora 4, Nr. 2 (Januar 2011): 207–29.
„An Unsettled Belonging. Zimbabwean Farm Workers in Limpopo Province, South Africa“. Journal of Contemporary African Studies 26, Nr. 4 (Oktober 2008): 401–15.
„Conditional Belonging. Farm Workers and the Cultural Politics of Recognition in Zimbabwe“. Development and Change 39, Nr. 1 (Januar 2008): 73–99.
Working on the Margins. Black Workers, White Farmers in Postcolonial Zimbabwe. London & Harare: Zed Books & Weaver Press, 2001.
Zuletzt aktualisiert: 09. August 2018
Dr. Jana Tschurenev
Georg-August-Universität Göttingen, Deutschland
Widowhood, Professionalism and 'Social Service': Histories of Early Childhood Care and Education in India, 1880s to 1950s
Jana Tschurenev erhielt ihren Doktortitel 2009 von der Abteilung für Vergleichende und Internationale Erziehungswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin für ihre Arbeit mit dem Titel „Imperial Experiments in Education. Monitorial Schooling in India, 1789–1840“. Für ihr Werk, das Veränderungen des Bildungssystems im frühen kolonialen Indien nachzeichnet, wurde sie im selben Jahr mit dem Preis für herausragende Doktorarbeiten des Deutschen Historischen Instituts London geehrt.
Von 2009 bis 2013 arbeitete Tschurenev als Dozentin für Globalgeschichte an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) und als Gastdozentin an der Universität St. Gallen. In Zürich war sie für die Koordination einer Forschungsgruppe zu Anti-Alkohol-Kampagnen und Moralreformen aus globalgeschichtlicher Perspektive verantwortlich.
2013 kam sie zum Centre for Modern Indian Studies (CeMIS) der Georg-August-Universität Göttingen, wo sie als Principal Researcher Teil der transnationalen Forschungsgruppe zu „Poverty and Education in India“ war, die von der Max Weber Stiftung (2013-2017) finanziert wurde. Aktuell ist sie Gastdozentin am CeMIS und setzt dort ihr Forschungsprojekt „Widowhood, Professionalism and Social Service: Histories of Early Childhood Care and Education in India, 1880s to 1950s“ um. Ihre Habilitation, an der sie bei re:work weiter arbeiten wird, hat ihren Fokus auf einer Analyse der Professionalisierung und Institutionalisierung der Care-Arbeit und Erziehung von Vorschulkindern sowie deren Auswirkungen darauf, wie Frauen ihre reproduktive Arbeit organisieren. Zu ihren weiteren Forschungsinteressen gehören Bildungsgeschichte, transnationale Geschichte sowie Fragen geschlechtsspezifischer und sozialer Ungleichheit.
Literatur
Empire, Civil Society, and the Beginnings of Colonial Education in India. Delhi: Cambridge University Press, im Erscheinen.
„A Colonial Experiment in Education. Madras, 1789-1796“. In Connecting Histories of Education. Transnational and Cross-Cultural Exchanges in (Post-)Colonial Education, herausgegeben von Barnita Bagchi, Eckhardt Fuchs, und Kate Rousmaniere. New York, NY ; London: Berghahn Books, 2014.
mit Harald Fischer-Tiné, Hrsg. A History of Alcohol and Drugs in Modern South Asia. London ; New York, NY: Routledge, 2014.
mit Judith Große, und Francesco Spöring, Hrsg. Biopolitik und Sittlichkeitsreform. Kampagnen gegen Alkohol, Drogen und Prostitution 1880-1950. Frankfurt am Main: Campus, 2014.
„Intersectionality, Feminist Theory, and Global History“. In Intersectionality Und Kritik. Neue Perspektiven Auf Alte Fragen, herausgegeben von Vera Kallenberg, Jennifer Meyer, und Johanna Müller. Wiesbaden: Springer VS, 2012.
Zuletzt aktualisiert: 27. September 2018
Dr. Nitin Varma
Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland
Domestic Work and Labour History in 19th and early 20th Century India
Nitin Varma machte seinen Abschluss in Geschichte an der University of Delhi und der Jawaharlal Nehru University (Delhi). Seinen Doktortitel erhielt er 2011 von der Humboldt-Universität zu Berlin zur Arbeit von sogenannten Kulis – eine generische Kategorie für „ungelernte“ Hilfskräfte in Südasien – auf kolonialen Teeplantagen in Assam. Im 19. Jahrhundert gab es den Versuch, den Begriff sowohl in theoretischer als auch praktischer Hinsicht für „mobilisierte-immobilisierte“ Arbeiter/-innen in Minen, auf Plantagen und bei anderen kolonial-kapitalistischen Unternehmungen neu zu besetzen. Kuli-Arbeit wurde häufig als dezidierte Übergangsform zwischen den Arbeitsbeziehungen der Vergangenheit (Sklaverei) und der Zukunft (freie Arbeit) konzipiert. In seinem Buch „Coolies of Capitalism“ von 2016 argumentiert Nitin Varma, dass Kuli-Arbeit im Rahmen der kolonial-kapitalistischen Plantagen in Assam regelrecht „konstruiert“ wurde. Hauptsansatzpunkt des Buches ist die Frage, welche Rolle der angenommene entfesselte Einfluss des kolonialen Kapitalismus bei der Definition und „Konstruktion“ von Kulis hatte, insbesondere bezogen auf die damit einhergehenden Eventualitäten, Aushandlungsprozesse, Widersprüche und Krisen. In diesem Sinne gab es im Rahmen des plötzlichen Auftauchens der archetypischen Kulis in den Teeplantagen (d. h. importiert und in Schuldknechtschaft) auch immer wieder Brüche, die die Entstehung, die Aufrechterhaltung und den Wandel dieses Archetypen in den Kontext diskursiver und materieller Prozesse verorten.
Von 2015 bis 2018 war Nitin Varma an einem Drei-Jahres-Projekt im Rahmen einer ERC-Forschungsförderung (Starting Grant) beteiligt, bei dem es um Haushaltshilfen im kolonialen Indien ging. Ziel des Projekts war es, einen besonderen Fokus auf die bislang eher vernachlässigten Bereiche der Haushaltsarbeit und der Haushaltshilfen zu richten, ihnen dadurch mehr Aufmerksamkeit im Rahmen der Geschichte der Arbeit einzuräumen und dabei gleichzeitig die Möglichkeiten und Begrenzungen für transregionale Netzwerke, Verknüpfungen und Geschichten zu erkunden. Bei diesem Projekt wurden gleichzeitig „lokale“ und translokale Formen der Haushaltsarbeit aus Sicht der Haushaltshilfen und aus verschiedenen Perspektiven betrachtet: Wie wurden Haushaltshilfen rekrutiert? Welche Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen hatten sie? War die Arbeit als Haushaltshilfe nur eine Lebensphase oder verbrachten die Haushaltshilfen ihr gesamtes Leben mit der sie beschäftigenden Familie? Wie veränderten sich diese Praktiken im Laufe der Zeit und in verschiedenen Regionen? Bei re:work plant Nitin Varma eine Reihe von Publikationen dieses Forschungsprojekts fertigzustellen, einschließlich Beiträgen für Sammelbände, Sonderausgaben von Fachzeitschriften und eine Monographie.
Literatur
„Servant Testimonies and Anglo-Indian Homes in Nineteenth-Century India“. In To Be at Home. House, Work, and Self in the Modern World, herausgegeben von Felicitas Hentschke und James Williams. Boston: De Gruyter Oldenbourg, 2018.
Coolies of Capitalism. Assam Tea and the Making of Coolie Labour. Berlin: De Gruyter Oldenbourg, 2016.
„Unpopular Assam. Notions of Migrating and Working for Tea Gardens“. In Towards a New History of Work, herausgegeben von Sabyasachi Bhattacharya, 227–44. New Delhi: Tulika Books, 2014.
„Coolie Strikes Back. Collective Protest and Action in the Colonial Tea Plantations of Assam, 1880–1920“. In Adivasis in Colonial India. Survival, Resistance, and Negotiation, herausgegeben von Biswamoy Pati, 186–215. New Delhi: Indian Council of Historical Research, 2010.
„For the Drink of the Nation. Drink, Labour and Plantation Colonialism in the Colonial Tea Gardens of Assam in the Late Nineteenth and Early Twentieth Century“. In Labour Matters. Towards Global Histories. Studies in Honour of Sabyasachi Bhattacharya, herausgegeben von Marcel van der Linden und Prabhu P. Mohapatra, 295–318. New Delhi: Tulika Books, 2009.
„Chargola Exodus and Collective Action in the Colonial Tea Plantations of Assam“. Sephis [= Special Issue on Labour in Memory of Late Rajnarayan Chandavarkar] 3, Nr. 2 (2007).
Zuletzt aktualisiert: 27. September 2018
Prof. Bahru Zewde
Addis Ababa University, Äthiopien
Corvée Labour in Ethiopian History
Bahru Zewde ist zurzeit Professor emeritus für Geschichte an der Addis Ababa University in Äthiopien, Gründungs-Fellow der äthiopischen Wissenschaftsakademie, Fellow der afrikanischen Wissenschaftsakademie, Herausgeber von Africa Review of Books und Vize-Vorsitzender der Association of African Historians. Er ist der frühere Leiter des Instituts für Äthiopien-Studien an der Addis Ababa University, Geschäftsführer des Forum for Social Studies, eines in Addis Abeba ansässigen Think-Tanks und Vize-Präsident der äthiopischen Wissenschaftsakademie. Er war Resident Vice President beim subregionalen Forschungsnetzwerk Organization for Social Science Research in Eastern and Southern Africa (OSSREA) und Herausgeber der Zeitschrift des Netzwerks, Eastern Africa Social Science Research Review. Neben seiner 15-jährigen Herausgebertätigkeit für das Journal of Ethiopian Studies war er auch Mitglied des internationalen Beirats des Journal of African History. Seine Arbeit wurde vielfach prämiert und er war Fellow zahlreicher Einrichtungen, einschließlich der British Academy, der Japan Foundation und des Wissenschaftskollegs in Berlin.
Bei re:work möchte er die verschiedenen Ausformungen der Fronarbeit in der äthiopischen Geschichte untersuchen. Fronarbeit war jahrhundertelang ein vorherrschendes Merkmal der Beziehungen zwischen Landadel und Bäuer/-innen, wodurch Letztere unter anderem gezwungen waren, an bestimmten Wochentagen auf dem Land des jeweiligen Adligen oder staatlichen Vertreters Arbeit zu verrichten, dessen Haus und Zäune zu errichten, während seiner Abwesenheit das Anwesen zu bewachen und sein Korn zu mahlen. Diese erdrückende Last, die auf der äthiopischen Bauernschaft lag, wurde prägnant und sehr leidenschaftlich von reformorientierten Intellektuellen des frühen 20. Jahrhunderts angeprangert. Vermutlich durch diese Schriften inspiriert, erließ der progressiv gesinnte Prinz Ras Tarafi (der spätere Kaiser Haile Selassie) zwischen 1928 und 1944 drei Verordnungen, die die Arbeitslast der Bauernschaft deutlich verringerten und letzten Endes dem Frondienst ein Ende bereiteten. Doch obgleich sie sehr fortschrittlich waren, gelang den Verordnungen nicht die vollständige Abschaffung des Frondienstes. Denn selbst nach der förmlichen Abschaffung des Frondienstes bestand etwas fort, das wir „Frondienstkultur“ nennen könnten und von ebenso großer Bedeutung ist. Und genauso wie eine Projektion der Fronarbeit in die Zukunft vorstellbar wäre, ließe sie sich auch rückwärts in der Zeit nachverfolgen. Der äthiopische Staat kann auf eine sehr lange Geschichte von mindestens 2.000 Jahren zurückblicken. Bei re:work möchte Zewde die Geschichte der Fronarbeit mitsamt seiner Merkmale und Entwicklungen tiefgehend untersuchen und in einen globalen Kontext stellen.
Literatur
The Quest for Socialist Utopia. The Ethiopian Student Movement, c. 1960-1974. Woodbridge: James Currey, 2014.
Society, State, and History. Selected Essays. Addis Ababa: Addis Ababa University Press, 2008.
Pioneers of Change in Ethiopia. The Reformist Intellectuals of the Early Twentieth Century. Oxford: James Currey, 2002.
„A Bibliographical Prelude to the Agrarian History of Pre-Revolution Ethiopia“. Proceedings of the Third Annual Seminar of the Department of History, Addis Ababa University, 1986.
„Economic Origins of the Absolutist State in Ethiopia (1916-1935)“. Journal of Ethiopian Studies 17 (1984): 1–29.
Zuletzt aktualisiert: 14. August 2018