Fellows 2015/2016
Professor Sebastian Conrad
Freie Universität Berlin, Deutschland
Coolie Labour in the German Empire
sebastian.conrad(at)fu-berlin.de
Sebastian Conrad hält eine Professur für Geschichte an der Freien Universität Berlin. Er ist Mitglied des Vorstands des Forums Transregionale Studien. Nachdem er zuvor mehrere Jahre als Dozent an der European University Florence tätig gewesen war, wechselte er 2010 an die Fakultät für Geschichte und Kulturwissenschaften der FU Berlin. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Wissenschaftskolleg in Berlin und Gastprofessor an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris. Gegenwärtig liegt der Schwerpunkt seines Interesses auf transnationalen und globalen Ansätzen in der historischen Forschung und deren Beitrag zu einem Verständnis von Wechselbeziehungen und gegenseitiger Bedingtheit in der Vergangenheit. Mit einem Hintergrund sowohl in westeuropäischer als auch in japanischer Geschichte hat er sich in seiner Arbeit intensiv mit Fragen von Kolonialismus und Postkolonialismus, Transnationalismus, Geistesgeschichte, Erinnerung und Historiographie auseinandergesetzt.
Bei re:work forscht Sebastian Conrad zur Arbeit von Kulis im Deutschen Reich. Als Maßnahme gegen den Arbeitskräftemangel entschlossen sich deutsche Kolonialbeamte sowohl in Ostafrika als auch im Pazifikraum zur Rekrutierung chinesischer Arbeiter/‑innen. Nach der Abschaffung der Sklaverei und unter den Bedingungen kapitalistischer kolonialer Ausbeutung war dies Teil einer wesentlich umfassenderen Transformation im Rekrutierungssystem für Plantagenarbeiter/‑innen. Sebastian Conrad untersucht auch die soziale und kulturelle Geschichte dieses Prozesses. Sein besonderes Interesse gilt den komparativen und globalen Aspekten dieser Frage.
Literatur
What Is Global History? Princeton, NJ: Princeton University Press, 2016.
mit Jürgen Osterhammel, Hrsg. 1750-1870. Wege zur modernen Welt. Bd. 4. 6 Bde. Geschichte der Welt. München: C.H. Beck, 2016.
“The Dialectics of Remembrance. Memories of Empire in Cold War Japan“. Comparative Studies in Society and History 56, Nr. 1 (2014): 4–33.
“Enlightenment in Global History. A Historiographical Critique“. The American Historical Review 117, Nr. 4 (2012): 999–1027.
mit Shalini Randeria, Hrsg. Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften. 2., erweiterte Auflage. Frankfurt am Main: Campus, 2012.
German Colonialism. A Short History. Übersetzt von Sorcha O’Hagan. Cambridge: Cambridge University Press, 2011.
“Japanese Historical Writing“. In The Oxford History of Historical Writing. Historical Writing since 1945, herausgegeben von Axel Schneider, und Daniel Woolf, Bd. 5: 637–58. Oxford: Oxford University Press, 2011.
Globalisation and the Nation in Imperial Germany. Übersetzt von Sorcha O’Hagan. Cambridge: Cambridge University Press, 2010.
The Quest for the Lost Nation. Writing History in Germany and Japan in the American Century. Übersetzt von Alan Nothnagle. Berkeley, CA: University of California Press, 2010.
“Work, Max Weber, Confucianism. The Confucian Ethic and Spirit of Japanese Capitalism“. In Work in a Modern Society. The German Historical Experience in Comparative Perspective, herausgegeben von Jürgen Kocka, 153–68. New York, NY: Berghahn, 2010.
mit Dominic Sachsenmaier, Hrsg. Competing Visions of World Order. Global Moments and Movements, 1880s-1930s. New York, NY: Palgrave Macmillan, 2007.
Zuletzt aktualisiert: 01. August 2016
Professor Cláudio Costa Pinheiro
Universidade Federal do Rio de Janeiro, Brasilien
Global History of Slavery
Cláudio Pinheiro wurde auf der sonnenverwöhnten Seite der Erde in Rio de Janeiro, Brasilien, geboren. Im Jahr 2004 promovierte er in Sozialanthropologie an der Universität von Rio de Janeiro, wo er heute als Juniorprofessor am Institut für Geschichte lehrt und im Vorstand des Sephis-Programms (Süd-Süd-Austauschprogramm für die Erforschung der Geschichte von Entwicklung) sitzt.
In seiner Arbeit beschäftigt er sich mit den Schnittstellen zwischen Geschichte, Anthropologie und Soziologie. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören der Kolonialismus und seine Bedeutung für die Gegenwart, insbesondere für die Produktion und Zirkulation von Wissen und die Politiken von Sprache und Epistemologie in Hinblick auf die Institutionalisierung von Macht, sowie Vergleiche zwischen Asien (insbesondere Indien) und Lateinamerika.
Bei re:work konzentriert sich seine Forschung auf den Kolonialismus sowie auf Politiken zur Klassifizierung und die Sklaverei in der Moderne. Grundlage dieser Arbeit bildet eine Untersuchung der Institutionalisierungsprozesse, anhand derer der europäische Kolonialismus ein ausgeklügeltes System von Klassifizierung und Ordnung neu entdeckter Welten in Teilen Asiens und Südamerikas etablierte. Mittels dieses Prozesses, so argumentiert er, ließ sich eine große Bandbreite an Arbeitsformen, sozialen Hierarchien, Lebensweisen und sozialen Organisationsformen mit einer sehr kleinen Gruppe von Konzepten fassen, die sich letztlich auf das westliche Konzept und die westliche Erfahrung von Sklaverei bezog. Wie andere fundamentale Konzepte und Institutionen der europäischen politischen Sphäre, wurde die Sklaverei durch die Kolonisierung epistemischer Felder universell und als imperiale Ausdehnung ausgeführt, die andere Welten auf eine durch die westliche historische Erfahrung vermittelte Weise kodifizierte.
Literatur
Os Estudos Subalternos. Leituras de Gramsci na Índia e a globalização da historiografia indiana, Hrsg. Rio de Janeiro: Fundação Getúlio Vargas, im Erscheinen.
„Las muchas encarnaciones de Tagore y los escritos de su espíritu“. In SUR / SOUTH. Poetics and Politics of Thinking Latin America – India, herausgegeben von Susanne Klengel und Alexandra Ortiz Wallner, übersetzt von Eloísa Martín, 45–70. Frankfurt: Vervuert, 2016.
mit Bernardo Buarque de Hollanda, und João Marcelo Ehlert Maia, Hrsg. Práticas e textualidades. Pensando a pesquisa e a publicação em ciências sociais. Rio de Janeiro: Fundação Getúlio Vargas, 2015.
mit João Marcelo Ehlert Maia, Bernardo Buarque de Hollanda, und Helena Bomeny, Hrsg. Ideias em perspectiva global. Rio de Janeiro: Fundação Getúlio Vargas, 2014.
„BRICS nas Ciências Sociais – Para que serve? Modernidade, Desenvolvimento e suas Geografias Imaginárias“. In Desafios sociais, políticos e culturais dos BRICS, herausgegeben von Gustavo Lins Ribeiro, 175–202. São Paulo: ANPOCS, 2014.
“Blurred Boundaries. Slavery, Unfree Labour and the Subsumption of Multiple Social and Labor Identities in India“. In Labour Matters. Towards Global Histories. Studies in Honour of Sabyasachi Bhattacharya, herausgegeben von Marcel van der Linden und Prabhu P. Mohapatra, 172–94. New Dehli: Tulika Books, 2009.
“Words of Conquest. Portuguese Colonial Experiences and the Conquest of Epistemological Territories“. Indian Historical Review 36, Nr. 1 (2009): 37–53.
Zuletzt aktualisiert: 22. Februar 2016
Dr. Neda Deneva
Център за либерални стратегии (Centre for Liberal Strategies), Sofia, Bulgarien
Irregular Workers, Irregular Citizens. The Changing Meanings and Practices of Work among Bulgarian Roma in the Context of EU Labour Mobility
Neda Deneva arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Centre for Liberal Strategies in Sofia, Bulgarien. Ihre Promotion in Soziologie und Sozialanthropologie schloss sie an der ungarischen Central European University ab. In ihrer Dissertation, einer ethnographischen Studie der Migration bulgarischer Muslim/‑innen nach Spanien, untersucht sie die Re-Konfiguration von Staatsbürgerschaft in der EU in den Forderungen und täglichen Kämpfe von Migrant/‑innen. Zentrale Themen ihres Forschungsinteresses sind die transnationale Migration, die Transformation der Arbeitswelt und neue Arbeitsregime, Staatsbürgerschaft und die Beziehung zum Staat, Care-Arbeit sowie die Beziehungen zwischen Minderheiten und dem Staat. Der Fokus ihrer jüngsten Arbeiten liegt auf der EU-internen Migration von Roma und fragt nach den Folgen der sich verschiebenden Bedeutungen von Arbeit und Arbeitsrealitäten für den Zugang zu Bürger/‑innenrechten und den Wandel der Beziehungen zwischen den Generationen und in der Care-Arbeit. Ihre Forschung bezieht auch die politische Rahmensetzung in Bulgarien mit ein, insbesondere in Bezug auf die Zugangsmöglichkeiten von ausländischen Bürger/‑innen und Flüchtlingen zu Integrationshilfen, dem Arbeitsmarkt und dem Gesundheitssystem.
Im Zentrum ihres Forschungsprojekts bei re:work steht die Transformation von Arbeit im Kontext verschärfter Prekarität und der gestiegenen Arbeitskräftemobilität innerhalb der EU. Dabei liegt ihr Fokus insbesondere auf den bulgarischen Roma, die vor allem niedrigqualifizierten und unregelmäßigen Tätigkeiten nachgehen und alternative Überlebensstrategien wie Betteln und Nutzung der sozialen Sicherungssysteme entwickelt haben, entweder als Bürger/‑innen Bulgariens oder als Migrant/‑innen in Deutschland und den Niederlanden. Das Projekt verfolgt die Verortung und soziale Konstruktion der Roma in der Phase vom Ende des Sozialismus bis zu den heutigen Arbeits- und Staatsbürgerschaftsregimen in der EU. Mal werden die Roma als Teil der Arbeiter/‑innenklasse, mal als ethnisch verschieden, mal als gefährlich bzw. überflüssig und/oder als Bürger/‑innen zweiter Klasse betrachtet. Das Projekt zielt auf ein besseres Verständnis der Mechanismen, wie neue Formen der Enteignung, des Entzugs von Handlungsmacht und der Konstruktion von Differenz entstehen und sich langfristig etablieren können. Auf der Grundlage historischer Daten, der Analyse des politischen Rahmens und ethnographischer Forschung analysiert das Projekt die engen Verbindungen zwischen den Beziehungen von Arbeitgeber/‑innen und Arbeitnehmer/‑innen und der Bedeutung sozialer Zugehörigkeit. Im Vordergrund steht dabei die Frage, wie die Form der Arbeit (regulär, irregulär, produktiv, reproduktiv) den unterschiedlichen Zugang zu Bürger/‑innenrechten und eine Einordnung in Kategorien bedingt, die Bürger/‑innen und Migrant/‑innen offenstehen. Durch die Verortung ihrer Forschung im Kontext der EU-Arbeitskräftemobilität soll die heterogene Natur der Unionsbürger/‑innenschaft und die Entwicklung neuer Hierarchien und Ungleichheiten zwischen Unionsbürger/‑innen aufgrund der veränderten Arbeitsrealitäten kritisch beleuchtet werden.
Literatur
“Flexible Kin-Work, Flexible Migration. Aging Migrants Caught between Productive and Reproductive Labour in the European Union“. In Transnational Aging and Kin-Work, herausgegeben von Parin Dossa und Cati Coe. New Brunswick, NJ: Rutgers University Press, im Erscheinen.
“Conflicting Meanings and Practices of Work. Bulgarian Roma as Citizens and Migrants“. In Situating Migration in Transition. Temporal, Structural, and Conceptual Transformations of Migrations. Sketches from Bulgaria, von Raia Apostolova, Neda Deneva, und Tsvetelina Hristova, 42–70. Sofia: Collective for Social Interventions, 2014.
mit Tsvetelina Hristova, Raia Apostolova, und Mathias Fiedler. „Trapped in Europe’s Quagmire. The Situation of Asylum Seekers and Refugees in Bulgaria“. München: bordermonitoring.eu, Juli 2014.
mit Dumitrita Holdis. „Access to Employment for Beneficiaries of International Protection in Bulgaria, Poland, Romania and Slovakia, Bulgaria Country Report and Cross-Country Analysis“. Geneva: United Nations High Commissioner for Refugees, Regional Representation for Central Europe, 2013.
“Transnational Aging Carers. On Transformation of Kinship and Citizenship in the Context of Migration among Bulgarian Muslims in Spain“. Social Politics 19, Nr. 1 (2012): 105–28.
Zuletzt aktualisiert: 22. Februar 2016
Professor Christopher Gerteis
University of London, Großbritannien
Blue‐Collar Youth and Radical Politics in Postwar Japan
christopher.gerteis(at)soas.ac.uk
In seiner Forschung konzentriert sich Dr. Christopher Gerteis auf die soziale und kulturelle Geschichte Japans seit 1600. Im Jahr 2001 promovierte er in moderner japanischer Geschichte an der Universität Iowa und leitet jetzt das Japan Research Centre am SOAS der University of London, wo er als Dozent für die Geschichte des modernen Japans lehrt. Er ist Mitbegründer und Herausgeber der Peer-Review-Publikation SOAS Studies in Modern and Contemporary Japan, einer gemeinsam mit Bloomsbury (www.bloomsbury.com/soasstudies/) herausgegebenen Serie von Monografien sowie Mitherausgeber der Zeitschrift der Vereinigung britischer Japanologen Japan Forum.
Bei re:work wird Dr. Gerteis die Arbeit an seinem Buch „Angry, Young and Mobile: Japanese Youth and the Attractions of Political Violence“ fortsetzen. Hierin geht er unter anderem der Frage nach, inwieweit die Ära günstiger Flugreisen die Radikalisierung sozial entfremdeter Jugendlicher aus der Arbeiter/‑innenklasse im Japan der Nachkriegszeit begünstigte. Einerseits sind bisherige Studien zu Männern und Männlichkeit am Arbeitsplatz in Japan ausschließlich auf Büroangestellte fokussiert gewesen, während andererseits Studien zum Aufstieg der Neuen Linken das Ausmaß übersehen haben, in dem junge männliche Arbeiter Teil einer globalen Jugendkultur und radikalen politischen Bewegung waren, die den Kern der radikalen Neuen Linken in Japan bildete. Im Zentrum des Buchs steht die politische Kultur junger männlicher Arbeiter in der Phase des ökonomischen Hochwachstums während der 1960er und frühen 1970er Jahre. Durch den Fokus auf die Erfahrungen politisch aktiver junger männlicher Arbeiter möchte diese Studie zu einem besseren Verständnis beitragen, inwieweit die soziale Klasse die politische Kultur jener Teile der Neuen Linken prägte, die am stärksten für die politische Gewalt verantwortlich zeichnete, die Japan während der späten 1960er und frühen 1970er erschütterte.
Literatur
“The Emergence of Trade Unionism in Modern Japan“. In Routledge Handbook of Modern Japanese History, herausgegeben von Sven Saaler und Christopher Szpilman. London: Routledge, im Erscheinen.
mit Timothy S. George. „Beyond the Bubble, Beyond Fukushima. Reconsidering the History of Postwar Japan“. The Asia-Pacific Journal 12, Nr. 8 (2014).
mit Timothy S. George, Hrsg. Japan Since 1945. From Postwar to Post-Bubble. London: Bloomsbury, 2013.
Critical Readings on the History of Industrialization in Modern Japan, Bd. 1-3, Hrsg. Leiden: Brill, 2013.
“Political Protest in Interwar Japan - 1. Posters & Handbills from the Ohara Collection (1920s-1930s)“. In Visualizing Cultures. Image-Driven Scholarship, herausgegeben von John W. Dower und Shigeru Miyagawa. Cambridge, MA: MIT OpenCourseWare Initiative, 2011.
Gender Struggles. Wage-Earning Women and Male-Dominated Unions in Postwar Japan. Cambridge, MA: Harvard University Press, 2009.
“The Erotic and the Vulgar. Visual Culture and Organized Labor’s Critique of U.S. Hegemony in Occupied Japan“. Critical Asian Studies 39, Nr. 1 (2007): 3–34.
“Labor’s Cold Warriors. The American Federation of Labor and “Free Trade Unionism” in Cold War Japan“. Journal of American-East Asian Relations 12, Nr. 3 (2003): 207–24.
Zuletzt aktualisiert: 22. Februar 2016
Professor Peter Geschiere
Universiteit van Amsterdam, Niederlande
The Struggle over the Forest
Zuletzt aktualisiert: 15. Juli 2016
Professor Seth Holmes
University of California, Berkeley, USA
Training for Inequality. The Work of Care in an Era of Global Health, Gender Transition and Growing Social Inequality
Als kulturell-medizinisch orientierter Anthropologe und Arzt konzentriert sich das Forschungsinteresse von Seth M. Holmes auf transnationale Migration, Arbeit, soziale Unterschiede und Gesundheit. Gleichzeitig interessieren ihn die Mechanismen, die diese Ungleichbehandlung in sozialen und gesundheitlichen Fragen in der Gesellschaft als normal und natürlich erscheinen lassen.
Holmes schloss seinen Master in medizinischer Anthropologie ab und promovierte 2007 an der UC Berkeley and San Francisco. Nach Abschluss seiner Facharztausbildung an der University Pennsylvania im Jahr 2009 wurde er in das Robert Wood Johnson Health & Society Scholars-Programm der Columbia University aufgenommen und lehrte an der Fakultät für allgemeine Gesundheit und soziale Medizin an der Harvard Medical School. Seit 2011 arbeitet er als Martin Sisters-Juniorprofessor für Gesundheit und medizinische Anthropologie an der UC Berkeley. Er ist an der Leitung des Master und Promotionsprogramms in medizinischer Anthropologie der UCB und UCSF beteiligt, Direktor des Berkeley Center for Social Medicine, Dozent am Berkeley Institute for Research on Labor and Employment und Juniorprofessor für Anthropologie, Geschichte und Sozialmedizin an der UCSF School of Medicine.
Aus Holmes' Forschung zur Arbeit und Gesundheit transnationaler migrantischer Landarbeiter/‑innen gingen zahlreiche Fachartikel in sozialwissenschaftlichen und medizinischen Zeitschriften sowie das Buch „Fresh Fruit, Broken Bodies: Migrant Farmworkers in the United States“(UC Press 2013) hervor. Für diese Forschungsarbeit erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Rudolf-Virchow-Preis der Society for Medical Anthropology, den New Millennium-Buchpreis der Society for Medical Anthropology, den Buchpreis der Society for the Anthropology of Work und den Margaret Mead-Preis der American Anthropological Association und der Society for Applied Anthropology. Über das Projekt wurde breit berichtet, auch in großen landesweiten öffentlichen Radiosendern und im Programm von Public Radio International.
Bei re:work wird sich Holmes' Arbeit vor allem mit der Frage beschäftigen, wie Medizinstudent/‑innen explizit und implizit lernen, bei ihrer Care-Arbeit soziale Ungleichheiten wahrzunehmen und auf diese zu reagieren. Im Kontext der heute bereits schwer wiegenden und wachsenden Ungleichheit, sowohl innerhalb von Staaten als auch global, sowie von Forschungsergebnissen, die auf die entscheidende Rolle solcher Ungleichheiten für Gesundheit und Krankheit verweisen, möchte er mit dem Vorhaben ein Licht darauf werfen, auf welche Weise das Personal im Gesundheitsbereich lernt, soziale Ungleichheit zu erkennen und damit umzugehen und – je nach Situation – diese zu rechtfertigen und legitimieren bzw. zu hinterfragen und abzulehnen. Das Vorhaben basiert auf den gesammelten Daten von mehreren Jahren teilnehmender Beobachtung unter angehenden Ärzt/‑innen in den USA. Holmes greift dabei auf die Konzepte Bourdieus in Bezug auf den Habitus, auf Foucaults Theorien zur Subjektivierung und des Blicks sowie auf jüngere Arbeiten zu Prekarität und Care-Arbeit zurück, um die Prozesse zu untersuchen, anhand derer angehende Ärzt/‑innen in einem Umfeld schwerwiegendster sozialer, ökonomischer und politischer Ungleichheiten ihrem Beruf nachgehen.
Literatur
mit Heide Castañeda. “Representing the “European Refugee Crisis” in Germany and Beyond. Deservingness and Difference, Life and Death“. American Ethnologist 43, Nr. 1 (2016): 12–24.
Fresh Fruit, Broken Bodies. Migrant Farmworkers in the United States. Berkeley, CA: University of California Press, 2013.
“Structural Vulnerability and Hierarchies of Ethnicity and Citizenship on the Farm“. Medical Anthropology 30, Nr. 4 (2011): 425–49.
mit Angela C. Jenks, und Scott Stonington. „Clinical Subjectivation. Anthropologies of Contemporary Biomedical Training“. Culture, Medicine, and Psychiatry 35, Nr. 2 (2011): 105–12.
mit Maya Ponte. „En-case-ing the Patient. Disciplining Uncertainty in Medical Student Patient Presentations“. Culture, Medicine, and Psychiatry 35, Nr. 2 (2011): 163–82.
„Parce qu’ils sont plus près du sol. L’invisibilisation de la souffrance sociale des cueilleurs de baies“. Act es de la recherche en sciences sociales 165, Nr. 4 (2006): 28–51.
mit Scott Stonington, Hrsg. Social Medicine in the Twenty-First Century [= PLoS Medicine, 3 (10)], 2006.
Zuletzt aktualisiert: 29. Februar 2016
Professor Jonathan Hyslop
Colgate University, Hamilton, USA / University of Pretoria, Südafrika
An African Port and the Life‐Cycles of a Transnational Workforce. Durban and the Seafarers of the British Merchant Navy c.1885‐1945
Jonathan Hyslop ist Professor an der Fakultät für Soziologie und Anthropologie am Institut für Afrika- und Lateinamerikastudien der Universität Colgate in Hamilton im Bundesstaat New York. Er wuchs in Johannesburg, Südafrika, auf und studierte an den Universitäten Oxford, Birmingham und Witwatersrand. Den Großteil seiner Karriere arbeitete er an der Universität von Witwatersrand als Professor für Soziologie und Geschichte und stellvertretender Leiter des Wits-Instituts für soziale und ökonomische Forschung WISER (Wits Institute for Social and Economic Research). Lange Jahre war Hyslop Mitglied des Johannesburg History Workshop. Er hat zahlreiche Arbeiten zur südafrikanischen Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts veröffentlicht. Zu seinen Büchern zählen „The Notorious Syndicalist: J.T. Bain – a Scottish Rebel in Colonial South Africa“ (Johannesburg, Jacana, 2004). Hyslop ist Mitglied des Herausgeberkreises des Journal of African History. Derzeit ist Hyslop Professor für Soziologie und afrikanische Geschichte an der Universität Colgate in Hamilton im Bundesstaat New York und außerordentlicher Professor an der Universität Pretoria in Südafrika.
Jonathan Hyslops Forschungsprojekt bei re:work trägt den Titel „An African Port and the Life-Cycles of a Transnational Workforce: Durban and the Seafarers of the British Merchant Navy c.1885–1945“. In dieser Studie begibt er sich auf die Spuren der Lebensläufe von Hafenarbeiter/‑innen und Seeleuten bei der britischen Handelsmarine, die er von der Warte des südafrikanischen Hafens in Durban aus beschreibt. Durch den Rückgriff auf südafrikanische und internationale Archive sowie auf Internetquellen, die das Sammeln von Daten zu internationalen Seeleuten ermöglichen, zielt das Projekt auf die Zusammenstellung und Analyse zahlreicher Mikro-Biografien von Seeleuten, die während dieser Zeit durch Durban reisten. Die Studie fragt, inwieweit die Seeleute der modernen Ära eine besonders „transnationale“ Gruppe von Arbeiter/‑innen sind, und untersucht, inwiefern dies dafür von Bedeutung sein könnte, wie wir die Entwicklung von globalen sozioökonomischen Verbindungen, den Kolonialismus und das Wesen von Arbeit verstehen. Die Studie fragt darüber hinaus nach den Gemeinsamkeiten und Unterschieden in den Lebens- und Arbeitserfahrungen von Seeleuten unterschiedlicher Nationalitäten, was sie einte und was sie trennte und zu welchem Grad die Hautfarbe sowie die ethnische Zugehörigkeit für die politische Identität von Seeleuten von Bedeutung waren.
Literatur
„Southampton to Durban on the Union Castle Line. An Imperial Shipping Company and the Limits of Globality c. 1900–39“. The Journal of Transport History, 2017.
„E.P. Thompson in South Africa. The Practice and Politics of Social History in an Era of Revolt and Transition, 1976 2012“. International Review of Social History 61, Nr. 1 (2016): 95–116.
mit Philip Bonner, und Lucien van der Walt. „Rethinking Worlds of Labour. Southern African Labour History in International Context“. In Global Histories of Work, herausgegeben von Andreas Eckert, 90–122. Berlin: De Gruyter Oldenbourg, 2016.
„A British Strike in an African Port. The Mercantile Marine and Dominion Politics in Durban, 1925“. The Journal of Imperial and Commonwealth History 43, Nr. 5 (2015): 882–902.
„‘Ghostlike’ Seafarers and Sailing Ship Nostalgia. The Figure of the Steamship Lascar in the British Imagination, C. 1880–1960“. Journal for Maritime Research 16, Nr. 2 (2014): 212–28.
„The Strange Death of Liberal England and the Strange Birth of Illiberal South Africa. British Trade Unionists, Indian Labourers and Afrikaner Rebels, 1910-1914“. Labour History Review 79, Nr. 1 (2014): 97–120.
„Zulu Sailors in the Steamship Era. The African Modern in the World Voyage Narratives of Fulunge Mpofu and George Magodini, 1916–24“. In Critical Perspectives on Colonialism. Writing the Empire from Below, herausgegeben von Fiona Paisley und Kirsty Reid, 123–40. New York, NY: Routledge, 2014.
„‘Segregation Has Fallen on Evil Days’. Smuts’ South Africa, Global War, and Transnational Politics, 1939–46“. Journal of Global History 7, Nr. 3 (2012): 438–60.
mit Philip Bonner, und Lucien van der Walt, Hrsg. Transnational and Comparative Perspectives on Southern African Labour History [= Special Issue African Studies, 66 (2-3)]. Routledge, 2007.
The Notorious Syndicalist. J.T. Bain, a Scottish Rebel in Colonial South Africa. Johannesburg: Jacana, 2004.
The Classroom Struggle. Policy and Resistance in South Africa, 1940-1990. Pietermaritzburg: University of Natal Press, 1999.
Dr. Dina Makram-Ebeid
American University Cairo, EGY
Precarious Revolution. Work in the Shadow of the Egyptian Rebellion
Dr. Dina Makram-Ebeid ist Anthropologin and wissenschaftliche Mitarbeiterin am Max Planck Institut für ethnologische Forschung in Halle (Saale). Ihren Doktor in Ethnologie erhielt sie 2013 in Großbritannien an der London School of Economics. Im Anschluss kam sie als Postdoktorandin an das Max Planck Institut, wo sie in einem Forschungsprojekt zu Wirtschaft und Ungleichheit in Eurasien arbeitete. Lehrerfahrung in den Fachbereichen Anthropologie und Entwicklungspolitik sammelte sie an der American University in Kairo sowie an der London School of Economics.
Zu Dr. Makram-Ebeids Forschungsschwerpunkten gehören die ökonomische und politische Anthropologie, die Anthropologie der Arbeit, die Themen soziale Bewegungen, Eigentumsverhältnisse, Schulden und Entwicklung sowie Gender und psychische Gesundheit. Darüber hinaus hat sie auch ein generelles ethnologisches Interesse am Nahen und Mittleren Osten. Bereits in ihrer Doktorarbeit, aber auch danach als Postdoktorandin, untersuchte sie Fragen von arbeitsmarkt- und klassenbedingter Ungleichheit am Beispiel eines Stahlwerks in Ägypten. Zeitlich fokussierte sie ihre Arbeit dabei auf den Zeitraum vor den Umwälzungen 2011 bis zwei Jahre nach diesen Ereignissen. In ihrer Arbeit fragte sie nach den Veränderungen bei den Besitzverhältnissen und deren Konsequenzen für Klassenpolitik und soziale Proteste. Dabei konzentrierte sie sich auf das in staatlichen Fabriken bestehende System lebenslanger und an die Kinder vererbbarer Anstellungen. Derlei Verträge entwickelten sich zu einer Art Eigentum, welches sich im Grenzbereich zwischen dem Gemeinverständnis von „Privatbesitz“ und dem „öffentlichen Sektor“ bewegte. Dr. Makram-Ebeids Forschungsarbeit wurde gefördert durch die Wenner-Gren Foundation for Anthropological Research, den Arab Council for Social Sciences, den Alfred Gell Memorial Fund und den Population Council West Asia and North Africa.
Bei re:work wird Dr. Makram-Ebeid eine Arbeit zur zentralen Rolle von Eigentums- und Klassenverhältnisse bei den Umwälzungen in Ägypten 2011 verfassen. Beide Aspekte, Eigentum und Klasse, blieben in der bisherigen Historiographie der Ereignisse unbeachtet. Drei Jahre ethnologische Feldarbeit in einer Fabrik, in Arbeitersiedlungen und bei Protesten in Ägyptens ältester und größter stahlproduzierender Stadt südlich von Kairo bilden das Fundament dieses Projekts. Fabriken, wie die von ihr untersuchte, spielten in den frühen Jahren nationaler und postkolonialer Staatswerdung bis hin zu dem Aufstand, der Mubarak aus dem Amt jagte, eine zentrale Rolle. Somit bieten sie eine wichtige Perspektive auf die Verschiebungen im Rahmen der ägyptischen politischen Ökonomie in der Phase zwischen dem Putsch der „Freien Offiziere“ 1952 und Mubaraks Sturz 2011. Das Forschungsprojekt beleuchtet, wie in den Jahren vor 2011 die Möglichkeit, ihre lebenslangen Anstellungen an ihre Kinder zu vererben, dazu führte, dass sich die Mehrheit der Stahlarbeiter zunehmend als Teil der Mittelschicht zu sehen begannen. Diverse staatliche Akteure nutzten das Stabilitätsstreben der Arbeiter, das sich in Fragen von Arbeit und Familie artikulierte, und nahmen es als Grundlage für die von ihnen behauptete Stabilität staatlicher Strukturen in den auf Mubarak folgenden Regimen. Das Projekt fragt, wie die Kämpfe für „Stabilität“ zwischen den Generationen im Kontext allgemeiner Prekarität und Besitzlosigkeit in dieser Stahlarbeiterstadt zu einem Katalysator des Aufstandes im Jahr 2011 wurde.
Literatur
„Between God and the State. Class, Precarity, and Cosmology on the Margins of an Egyptian Steel Town“. In Industrial Labor on the Margins of Capitalism. Precarity, Class, and the Neoliberal Subject, herausgegeben von Chris Hann und Jonathan Parry, 180–96. New York, NY: Berghahn, 2018.
„Labour Struggles and the Quest for Permanent Employment in Revolutionary Egypt“. In The Political Economy of the New Egyptian Republic, herausgegeben von Nicholas S Hopkins, 65–84. Cairo: American University in Cairo Press, 2015.
„“Old People Are Not Revolutionaries!” Labor Struggles Between Precarity and Istiqrar in a Factory Occupation in Egypt“. Jadaliyya - جدلية, 25. Januar 2015.
„Manufacturing Stability. Everyday Politics of Work in an Industrial Steel Town in Helwan, Egypt“. PhD, The London School of Economics and Political Science (LSE), 2012.
Zuletzt aktualisiert: 13. April 2018
Professor João José Reis
Universidade Federal da Bahia, Salvador da Bahia, Brasilien
Ganhadores. Street Labour in Nineteenth‐century Bahia
João José Reis schloss seine Doktorarbeit 1982 an der Universität Minnesota ab. Er ist Professor für Geschichte an der Universität Bahia in Salvador, Brasilien und war als Gastprofessor bereits an den Universitäten Michigan (Ann Harbor), Princeton, Brandeis, Texas (Austin) und Harvard tätig. Reis ist Ehrenmitglied der American Historical Association und hat Preise und Auszeichnungen wie den Order of Scientific Merit des brasilianischen Ministeriums für Wissenschaft, den nationalen Buchpreis der Vereinigung brasilianischer Verlage und den kubanischen Buchpreis Casa de las Américas gewonnen. In seiner Forschung befasst sich Reis mit den sozialen Bewegungen des 19. Jahrhunderts in Brasilien und der Sklaverei. Momentan schreibt er an Arbeiten über den Widerstand von Sklav/‑innen, afrikanische Religion und die Biographien afrikanischer Sklav/‑innen in Gefangenschaft und als befreite Sklav/‑innen.
Sein Projekt bei re:work trägt den Titel „Ganhadores: Street Labor in Nineteenth-Century Bahia“ und befasst sich mit den Auseinandersetzungen zwischen Afrikaner/‑innen und dem brasilianischen Staat in der Phase zwischen 1835, dem Jahr der bekannten muslimischen Revolte in Bahia, und 1888, dem Jahr, in dem die Sklaverei in Brasilien abgeschafft wurde. Er untersucht die Versuche des Staates, Kontrolle auszuüben, sowie den Widerstand der Afrikaner/‑innen dagegen. Darüber hinaus diskutiert er auch die Frage nach der Einbettung des Widerstands in kulturelle Praktiken. Sein Fokus liegt dabei auf einem einwöchigen Streik 1857 gegen eine städtische Anordnung, bei der mittels Besteuerung und Registrierung die städtische Kontrolle über afrikanische Gelegenheitsarbeiter/‑innen erhöht werden sollte.
Literatur
Divining Slavery and Freedom. The Story of Domingos Sodré, an African Priest in Nineteenth-Century Brazil. Übersetzt von H. Sabrina Gledhill. New York, NY: Cambridge University Press, 2015.
mit Elciene Azevedo, Hrsg. Escravidão e suas sombras. Salvador: Edufba, 2012.
mit Herbert S. Klein. „Slavery in Brazil“. In The Oxford Handbook of Latin American History, herausgegeben von Jose C. Moya, 181–211. Oxford: Oxford University Press, 2011.
mit Laura de Mello e Souza. „Popular Movements in Colonial Brazil“. In The Oxford Handbook of the Atlantic World, 1450-1850, herausgegeben von Nicholas Canny und Philip Morgan, 550–66. Oxford: Oxford University Press, 2011.
“Candomblé and Slave Resistance in Nineteenth-Century Bahia“. In Sorcery in the Black Atlantic, herausgegeben von Luis Nicolau Parés und Roger Sansi, 55–74. Chicago, IL: The University of Chicago Press, 2011.
“Batuque. African Drumming and Dance between Repression and Concession, Bahia, 1808-1855“. Bulletin of Latin American Research 24, Nr. 2 (2005): 201–14.
Death Is a Festival. Funeral Rites and Rebellion in Nineteenth-Century Brazil. Übersetzt von H. Sabrina Gledhill. Chapel Hill, NC: University of North Carolina Press, 2003.
Slave Rebellion in Brazil. The Muslim Uprising of 1835 in Bahia. Übersetzt von Arthur Brakel. Baltimore, MD: Johns Hopkins University Press, 1993.
Zuletzt aktualisiert: 02. März 2016
Professor Manja Stephan-Emmrich
Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland
Dubai as ‘Ideal’ and ‘Worst Place’: Education, Work and Piety in the Translocal Livelihoods of Mobile Tajiks
manja.stephan-emmrich(at)hu-berlin.de
Literatur
“Studying Islam Abroad. Pious Enterprises and Educational Aspirations of Young Tajik Muslims“. In Islam, Society, and Politics in Central Asia, herausgegeben von Pauline Jones Luong, im Erscheinen.
mit Abdullah Mirzoev. "The Manufacturing of Islamic Lifestyles in Tajikistan Through the Prism of Dushanbe’s Bazaars". Central Asian Survey 35, Nr. 2 (2016): 157–77.
mit Philipp Schröder. „The Institutionalization of Mobility. Well-Being and Social Hierarchies in Central Asian Translocal Livelihoods“. Mobilities, 2014, 24 S.
mit Christine Hunner-Kreisel, Hrsg. Neue Räume, neue Zeiten. Kindheit und Familie im Kontext von (Trans-) Migration und sozialem Wandel. Wiesbaden: Springer VS, 2013.
„Duschanbe – Moskau – Kairo. Transnationale religiöse Erziehungspraktiken tadschikischer Familien in der Migration“. In Neue Räume, neue Zeiten. Kindheit und Familie im Kontext von (Trans-) Migration und sozialem Wandel, herausgegeben von Christine Hunner-Kreisel und Manja Stephan, 125–40. Wiesbaden: Springer VS, 2013.
„Schulischer Ethikunterricht in Tadschikistan. Moralerziehung zwischen säkularstaatlichen Interessen und gesellschaftlichen Realitäten“. In Repression, Anpassung, Neuorientierung. Studien zum Islam in der Sowjetunion und dem postsowjetischen Raum, herausgegeben von Raoul Motika, Michael Kemper, und Anke von Kügelgen, 253–88. Wiesbaden: Reichert Verlag, 2013.
“Education, Youth and Islam. The Growing Popularity of Private Religious Lessons in Dushanbe, Tajikistan“. In Youth in the Former Soviet South. Everyday Lives Between Experimentation and Regulation, herausgegeben von Stefan Bastian Kirmse, 89–103. London: Routledge, 2012.
Das Bedürfnis nach Ausgewogenheit. Moralerziehung, Islam und Muslimsein in Tadschikistan zwischen Säkularisierung und religiöser Rückbesinnung. Würzburg: Ergon, 2010.
Zuletzt aktualisiert: 06. Juni 2016
Dr. Christian Strümpell
Universität Hamburg, Deutschland
'Work' and 'Life', and the Reproduction of Inequality in a Postcolonial Company Town. The Case of Rourkela, India
christian.struempell@uni-hamburg.de
Christian Strümpell ist wissenschaftlicher Assistent an der Abteilung Ethnologie des Südasien-Instituts der Universität Heidelberg. Er erhielt seinen Doktortitel in Ethnologie an der Freien Universität Berlin in 2004, arbeitete danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Institut für Ethnologie sowie zwischen 2007 und 2009 am Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung in Halle, Saale. Christians Forschungsinteresse gilt den durch die Industrialisierung ausgelösten sozio-kulturellen und politisch-ökonomischen Transformationen, die er seit 15 Jahre in langfristigen ethnographischen Studien in Ostindien erforscht, einschließlich einer kürzeren, sechsmonatigen Forschung in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka.
Während sich seine Promotionsforschung mit dem Verhältnis von Kaste und dem lokalen Verständnis von industrieller Moderne um ein staatliches Wasserkraftwerk in indischen Bundesstaat Odisha auseinandersetze, beschäftigten sich seine nachfolgenden Forschungen mit dem sozialen Wandel um ein integriertes Stahlwerk, das die indische Regierung kurz nach der Unabhängigkeit in den 1950er Jahren u.a. unter der Beteiligung von westdeutschen Unternehmen ebenfalls in Odisha aufbaute. Der staatliche Stahlkonzern sollte die politische Unabhängigkeit der jungen Republik durch die Produktion eines zentralen Guts wie Stahl wirtschaftlich absichern. Mehr noch, die gemeinsame Arbeit in einem modernen staatlichen Stahlwerk und das gemeinsame Leben in der angeschlossenen, modernen Werksstadt sollte gleichzeitig eine moderne, d.h. säkulare, ihre vielfältigen ‚primordialen’ Identitäten von Kaste, Region und Religion transzendierenden und in Nehrus Sinn sozialistische Industriearbeiterschaft formen, die der Gesamtheit der Bürger als Vorbild dienen sollte. In seinen bisher erschienen Artikeln untersucht Christian insbesondere wie die lokale Wechselwirkung zwischen Klasse, Kaste, Ethnizität und Geschlecht in sich historisch verändernde regionale, nationale und globale Zusammenhänge eingebettet ist, beispielsweise in die sozialen Strukturen und die politische Landschaft der Region Odisha oder in die u.a. auf internationalem Druck erfolgte wirtschaftliche Liberalisierung Indiens seit den 1990 Jahren.
Bei Re:Work wird Christian Strümpell seine Arbeiten zu Rourkela fortsetzen, indem er die Reproduktion von Ungleichheit in der Wechselwirkung zwischen Arbeitswelt und städtisch, nachbarschaftlichem Leben verortet, indem er diesen Prozess über die Generationen hinweg untersucht und indem er hierbei auch den Einfluss westdeutscher Unternehmen und ihrer Kultur, ihrer Ideen von Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen, von Arbeit und Freizeit hinzuzieht.
Literatur
mit Patrick Neveling, und Daniel Münster, Hrsg. The Making of Neoliberal India [= Special Issue Contributions to Indian Sociology, 48 (1)]. SAGE journals, 2014.
“The Politics of Dispossession in an Odishan Steel Town“. Contributions to Indian Sociology 48, Nr. 1 (2014): 45–72.
mit Andrew Sanchez. „Anthropological and Historical Perspectives on India’s Working Classes“. Modern Asian Studies 48, Nr. 5 (2014): 1233–41.
“Law Against Displacement. The Juridification of Tribal Protest in Rourkela, India“. In Law Against the State. Ethnographic Forays into Law’s Transformations, herausgegeben von Julia Eckert, Brian Donahoe, Christian Stümpell, und Zerrin Özlem Biner, 202–27. Cambridge: Cambridge University Press, 2012.
“Social Citizenship and Ethnicity Around a Public Sector Steel Plant in Orissa, India“. Citizenship Studies 15, Nr. 3–4 (2011): 485–98.
“‘We Work Together, We Eat Together‘. Conviviality and Modernity in a Company Settlement in South Orissa“. Contributions to Indian Sociology 42, Nr. 3 (2008): 351–81.
mit Jonathan Parry. „On the Desecration of Nehru´s Temples. Bhilai and Rourkela Compared“. Economic and Political Weekly 43, Nr. 19 (2008): 47–57.
„Wir arbeiten zusammen, wir essen zusammen“. Konvivium und soziale Peripherie in einer indischen Werkssiedlung. Münster: LIT Verlag, 2006.
Zuletzt aktualisiert: 03. März 2016
Professor Thaddeus Sunseri
Colorado State University, Fort Collins, USA
Working in the Global Slaughterhouse. Tanganyika Packers in Dar es Salaam
Thaddeus.Sunseri(at)colostate.edu
Thaddeus Sunseri ist Professor für Geschichte an der Colorado State University, wo er auf ostafrikanische Geschichte und insbesondere auf das koloniale und postkoloniale Tansania spezialisiert ist. Davor lehrte er an der Chicago State University und als Fulbright Scholar an der Universität Zimbabwe. Zu seiner bisherigen Forschung gehört eine Studie der Migration afrikanischer Arbeiter/‑innen auf die Baumwollplantagen unter deutscher Kolonialherrschaft sowie eine Neuinterpretation des Maji-Maji-Aufstands einerseits und der Folgen der Übertragung wissenschaftlicher Forstkonzepte auf Tansania andererseits. Sein derzeitiges Vorhaben untersucht die Schnittstellen von Arbeit, Umwelt und Krankheiten von Mensch und Tier in einem transnationalen Kontext. Jüngst hat er die Geschichte der Rinderpest in Ostafrika und ihren weiteren eurasischen und afrikanischen Kontext vom späten 19. Jahrhundert bis zu ihrer globalen Ausrottung 2010 erforscht. In diesem Vorhaben untersucht er koloniale und postkoloniale staatliche Versuche, die Rinderwirtschaft in Ostafrika durch eine Bekämpfung von Tierkrankheiten zu kommerzialisieren, zu modernisieren und in den internationalen Handel zu integrieren, sowie die Frage, in welcher Weise Afrikaner/‑innen an diesen Bemühungen beteiligt waren.
Bei re:work untersucht er die Geschichte der Arbeit bei Tanganyika Packers Ltd., Tansanias erstem gewerblichen Schlachthof in Dar es Salaam bis zu seiner Pleite in den 1990ern. TPL war Teil des globalen Rindfleischdosenherstellers Lemco, dessen Wurzeln zu den 1860ern in Uruguay zurückreichen, das dann aber Filialen in verschiedenen Regionen Afrikas gründete, wo Rinder unter den Folgen von Dürren litten, unter anderem auch in den Trockengebieten Tansanias. Während der 1950er Jahre war TPL der größte urbane Arbeitgeber Tansanias und die Arbeiter/‑innen des Unternehmens waren aktive Wegbereiter/-innen der gewerkschaftlichen Organisierung, teils mit Überschneidungen mit der nationalistischen Bewegung. Die moderne Geschichte des Konzerns verläuft parallel zum Übergang vom spätkolonialen System zu den frühen Phasen des Sozialismus im unabhängigen Tansania bis zur neoliberalen Wende, mit der auch die Schließung der Fabrik einherging.
Im Kern spiegelt die Geschichte von TPL die Transformationen des globalen Rindfleischmarktes, die sich negativ auf das Leben der Schlachthausarbeiter/‑innen auswirkte.
Literatur
„Working in the Slaughterhouse. Tanganyika Packers Ltd., from Colonialism to Collapse, 1947-2014“. Labor History, im Erscheinen.
„International Collaboration and Rivalry in the Early Fight Against Rinderpest“. EuropeNow. A Journal of Research & Art, Nr. 15 (2018).
“Blood Trials. Transfusions, Injections, and Experiments in Africa, 1890–1920“. Journal of the History of Medicine and Allied Sciences, im Erscheinen, 29 S.
“The Entangled History of Sadoka (Rinderpest) and Veterinary Science in Tanzania and the Wider World, 1891–1901“. Bulletin of the History of Medicine 89, Nr. 1 (2015): 92–121.
“A Political Ecology of Beef in Colonial Tanzania and the Global Periphery, 1864–1961“. Journal of Historical Geography 39, Nr. 1 (2013): 29–42.
“Exploiting the Urwald. German Post-Colonial Forestry in Poland and Central Africa, 1900-1960“. Past & Present 214 (2012): 305–42.
Wielding the Ax. State Forestry and Social Conflict in Tanzania, 1820-2000. Athens, OH: Ohio University Press, 2009.
“‘Every African a Nationalist’. Scientific Forestry and Forest Nationalism in Colonial Tanzania“. Comparative Studies in Society and History 49, Nr. 4 (2007): 883–913.
“The Political Ecology of the Copal Trade in the Tanzanian Coastal Hinterland, c. 1820–1905“. The Journal of African History 48, Nr. 2 (2007): 201–20.
Vilimani. Labor Migration and Rural Change in Early Colonial Tanzania. Portsmouth, NH: Heinemann, 2002.
Professor Yoko Tanaka
筑波大学 (Universität Tsukuba), Japan
The Historical Development of Part-Time Work. A Comparative Study
Yoko Tanaka ist Professorin für Sozialökonomie und Geschichte der Arbeit am Institut für Sozialwissenschaften der Universität Tsukuba, Japan. Zunächst arbeitete sie an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tokyo, wo sie ihr Studium abschloss und 1992 mit einer historischen Studie des deutschen Unternehmens Krupp Co. mit einem Schwerpunkt auf die Zeit vor 1914 promovierte. 1991 wechselte sie an die Universität Tsukuba, erhielt verschiedene DAAD- und JSPS-Stipendien und kam so an die Universität München, die FU Berlin und mehrmals ans WZB zu Prof. Dr. Jürgen Kocka. Zwischen 2003 und 2004 war sie an einem von der WZB geleiteten Forschungsprojekt beteiligt, das die sozialstaatlichen Modelle in Europa transnational verglich.
Ihre Forschung konzentriert sich vor allem auf die Beziehung zwischen Unternehmen und Arbeit bzw. arbeitenden Menschen sowie ihr geschichtlicher Wandel, wobei ihre Forschung einer langfristigen Perspektive unterliegt. Ihre Forschung zur Arbeitsgeschichte bei Krupp wurde 2001/2002 mit einem Preis der Japan Association for Social Policy (JASPS) und dem Okinaga-Preis für die beste Publikation zu Arbeitsbeziehungen ausgezeichnet. Anschließend baute sie ihre Forschung aus, die nun auch die Nachkriegszeit, aktuelle Veränderungen sowie Vergleiche zwischen Deutschland und Japan umfasste.
Als Leiterin verschiedener Projekte hat sie eine Reihe von mündlichen Interviews mit deutschen und japanischen Unternehmen und Arbeitnehmerorganisationen durchgeführt. Flankiert wurde dies von historischer Forschung in Archiven zu Arbeitszeit, Gehaltsstrukturen, Karriereverläufen, Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Funktionen von Arbeitnehmerorganisationen. Seit 2006 widmet sie sich den vom Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin und der Universität Tsukuba unterstützten und fortlaufenden Symposien zu deutscher und japanischer Familienpolitik.
Seit über zehn Jahren ist sie Mitglied des Vorstands der JASPS und seit 4 Jahren deren verantwortliche Konferenzorganisatorin. Zwischen 2012 und 2014 stand sie der Organisation als Präsidentin vor. Zwischen 2008 und 2009 war sie Mitglied des Vorstands der Japanischen Gesellschaft für Germanistik und Chefredakteurin ihres Magazins German Studies. Zwischen 2012 und 2014 war sie Chefredakteurin der Fachzeitschrift International Japanese Studies an der Universität Tsukuba.
In ihrem Forschungsprojekt bei re:work befasst sie sich aus einem komparativen Ansatz heraus mit der historischen so wie der aktuellen Entwicklung von Teilzeitarbeit in Deutschland und Japan. Ihr Projekt beleuchtet die strukturellen Veränderungen in beiden Gesellschaften nach dem Krieg und erkennt in ihnen eine der Hauptursachen für die Ausweitung von Teilzeitarbeit im 21. Jahrhundert. Zu diesen Veränderungen gehören eine Verschiebung von männlichen zu weiblichen Angestellten, von der Industrie zur Dienstleistung, von gelernten zu ungelernten Arbeiter/‑innen und von festen zu flexiblen Arbeitsarrangements. Basierend auf Statistiken, historischen Dokumenten und Interviews analysiert sie anhand ihres komparativen Ansatzes die Entwicklung beider Länder und deckt dabei die wesentlichen Ähnlichkeiten, aber auch die divergierende Entwicklung bei der Teilzeitarbeit auf.
Literatur
“The Social Regulation of Labor in Germany. The ‘Job-Miracle’ and Dual Codetermination System“. Social Policy 6, Nr. 4 (2015).
“Re-Arranging Economy and Care“. In What Is Care?, herausgegeben von Yoshinori Hiroi, 125–49. Kyoto: Minerva, 2013.
“Development of Time-Policy in Germany“. The Japanese Journal of Labour Studies, Nr. 619 (2012).
“Change of Work and Social Stratification“. German Studies 44 (2010): 18–37.
“Between Self-Responsibility and Social Security. Japan and the European Social Model from a Historical Perspective“. In Das europäische Sozialmodell. Auf dem Weg zum transnationalen Sozialstaat, herausgegeben von Hartmut Kaelble und Günther Schmid, 167–214. Berlin: Edition Sigma, 2004.
Formation and Transformation of the German Big Corporation. Career, Security and Governance in the Fried. Krupp Co. before World War I. Kyoto: Minerva, 2001.
Zuletzt aktualisiert: 04. März 2016