Fellows 2014/2015
Professor Hans Bertram
Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland
Work-Life Balance. Comparing Japan and Germany
Hans Bertram erforschte in seiner wissenschaftlichen Laufbahn von Beginn an die sozialstrukturellen Entwicklungsbedingungen von Kindern in der Familie und in der modernen Gesellschaft in empirisch-theoretischer Verknüpfung. 1980 erhielt er neben dem Heisenberg-Stipendium den Ruf auf den Lehrstuhl für Soziologie an der Universität der Bundeswehr München. Von 1984 bis 1992 leitete er als Vorstand und Wissenschaftlicher Direktor das Deutsche Jugendinstitut München und baute dort auf der Basis des Mikrozensus und Befragungsdaten den DJI-Familiensurvey auf als Basis für die empirisch begründete Sozialberichterstattung für die Bundesregierung. Von 1992 bis 2014 hatte er den Lehrstuhl für Mikrosoziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin inne.
Als wissenschaftliches Mitglied der Expertenkommission für den Achten Jugendbericht der Bundesregierung "Aufgaben und Leistungen der Jugendhilfe" war er an den wissenschaftlichen Begründungen für die Reform des Kinder- und Jugendhilferechts beteiligt (1990/91 SGB VIII). Unter seinem Vorsitz erarbeitete eine Expertenkommission den Siebten Familienbericht der Bundesregierung "Familie zwischen Flexibilität und Verlässlichkeit. Perspektiven für eine lebenslauforientierte Familienpolitik" (2006), mit der Politik-Trias von Geld, Zeit und Infrastruktur für die Familienpolitik, die unter anderem in das Gesetz zum Elterngeld einflossen.
Von 1992 bis 1997 war er Vorstandsvorsitzender der Kommission zur Erforschung des sozialen und politischen Wandels in den Neuen Bundesländern (KSPW e.V.). Unter anderem war er Mitglied der Zukunftskommission "Gesellschaft 2000" Baden-Württemberg", der Kommission “Familie und demographischer Wandel” der Robert Bosch Stiftung, Vorsitzender des Beirats für Familienpolitik der Landesregierung Brandenburg, Mitglied in der Enquête-Kommission des Sächsischen Landtags “Demographische Entwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensbereiche der Menschen im Freistaat Sachsen sowie ihrer Folgen für die politischen Handlungsfelder”, Mitglied der Arbeitsgruppe „Demographischer Wandel“ beim Bundespräsidenten und Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina.
Sein aktuelles Forschungsvorhaben bei re:work „Wandel und Entwicklung von Familie in Deutschland und Japan“ knüpft an zahlreiche Projekte zur Situation von Kindern und Familien in Deutschland an zum Wandel und Entwicklung von Familie, Bindung und Care, in Deutschland wie im Weltvergleich, unter Berücksichtigung der Veränderungen der ökonomischen Lage von Familien, dem Wandel der Berufseinmündungen junger Erwachsener unter einer lebensverlaufstheoretischen Perspektive und der Sozialberichterstattung auf Basis des Mikrozensus, sowie die Bedeutung der kleinen Lebenskreise im Kontext von Solidarität und Subsidiarität in der modernen Gesellschaft.
Literatur
mit Carolin Deuflhard. Die überforderte Generation. Arbeit und Familie in der Wissensgesellschaft. Leverkusen: Budrich, 2015.
„Fertilität, Zukunft mit Kindern und die Bedeutung des regionalen Kontextes“. In Doing Family. Warum Familienleben heute nicht mehr selbstverständlich ist, herausgegeben von Karin Jurczyk, Andreas Lange, und Barbara Thiessen, 160–89. Weinheim: Beltz Juventa, 2014.
Reiche, kluge, glückliche Kinder? Der UNICEF-Bericht zur Lage der Kinder in Deutschland, Hrsg. Weinheim: Beltz Juventa, 2013.
mit Martin Bujard, Hrsg. Zeit, Geld, Infrastruktur. Zur Zukunft der Familienpolitik. Baden-Baden: Nomos, 2012.
mit Nancy Ehlert, Hrsg. Family, Ties and Care. Family Transformation in a Plural Modernity. The Freiberger Survey about Family Transformation in an International Comparsion. Opladen: Budrich, 2012.
mit C. Katharina Spieß, Hrsg. Fragt die Eltern! Ravensburger Elternsurvey Elterliches - Wohlbefinden in Deutschland. Baden-Baden: Nomos, 2011.
mit Birgit Bertram. Familie, Sozialisation und die Zukunft der Kinder. Opladen: Budrich, 2009.
“Moral Obligations and Values in an Individualized Society“. In Adversity and Challenge in Life in the New Germany and in England, herausgegeben von John Bynner und Rainer K. Silbereisen, 193–211. Basingstoke: Palgrave Macmillan, 2000.
Zuletzt aktualisiert: 04. März 2016
Dr. Charlotte Bruckermann
London School of Economics, Großbritannien
Homemaking in Rural China. Women's Everyday and Ritual Work in Generating Notions of Place
Charlotte Bruckermann erhielt ihren Doktortitel in Anthropologie an der University of Oxford im Jahr 2013. Zwischen 2012 und 2014 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Dozentin für Anthropologie an der London School of Economics tätig. Zu ihren Arbeitsgebieten gehören chinesische Anthropologie, Rituale, Arbeit, Haushalt, Gender, Verwandtschaft, wirtschaftlicher Wandel und Postsozialismus. Frau Bruckermann befasst sich derzeit mit der Frage, wie sich die Menschen im ländlichen China unter den Bedingungen des politischen und wirtschaftlichen Wandels ihr Zuhause aufbauen. In ihrer Doktorarbeit argumentiert sie, dass Menschen Bindungen zu ihrem Heim herstellen, indem sie wechselseitig Arbeit füreinander verrichten. Ihr theoretisches Interesse gilt der Verknüpfung größerer gesellschaftlicher Prozesse und individueller Lebensentwürfe im Rahmen der Intimsphäre des Zuhauses.
Charlotte Bruckermanns Forschungsarbeit bei re:work konzentriert sich auf die häusliche Einrichtung im ländlichen chinesischen Raum durch die produktive, reproduktive und rituelle Arbeit von Frauen. Über Generationsgrenzen und sich verändernde Strategien der Lebenssicherung hinweg, verhandeln Frauen in diesem Kontext die Zugehörigkeit zu Häusern, Feldern, Nahrung und Personen und weisen ihnen einen Wert zu. Durch generationsübergreifende Vergleiche zwischen Menschen, die entweder unter Mao oder aber dem marktwirtschaftlichen Regime erwachsen wurden, befasst sich ihre Untersuchung mit dem Erbe des Staatssozialismus und der Reichweite des gegenwärtigen Kapitalismus bei der Beurteilung der Arbeit von Frauen. Breiter gefasst untersucht Charlotte Bruckermann die materielle, emotionale und rituelle Wirkungskraft von Arbeit bei der Schaffung von Orten.
Literatur
“Trading on Tradition. Tourism, Ritual, and Capitalism in a Chinese Village“. Modern China 42, Nr. 2 (2016): 188–224.
“Life in the Rural Shanxi House. Seasonal Resonances and Techniques of Transformation in North-Central China“. Dissertation, University of Oxford, 2013.
Zuletzt aktualisiert: 04. März 2016
Professor Christoph Conrad
Université de Genève, Genf, Schweiz
Unpacking 'Global Aging'. Work-Retirement Arrangements between Demographic Scenarios and Welfare Regimes
Christoph Conrad ist seit 2002 Professor für Neueste Geschichte an der Universität Genf / Schweiz. Davor hat er am Friedrich-Meinecke-Institut der FU Berlin gearbeitet, wo er 1992 promoviert wurde. Seine Interessengebiete sind die Geschichte des Wohlfahrtsstaates und der Konsumgesellschaft, die Theorie und Geschichte der Geschichtsschreibung sowie Fragen der vergleichenden und transnationalen Geschichte. Fellowships oder Gastprofessuren führten ihn an das Center for European Studies der Harvard University, die Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales (EHESS) in Paris, das Netherlands Institute for Advanced Study (NIAS) , das Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM) in Wien, das Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) usw.
Das aktuelle Forschungsprojekt Unpacking ‘Global Aging’ knüpft an seine früheren Arbeiten zur Geschichte des Alter(n)s an und erweitert sie in globaler und gegenwartsbezogener Richtung. In den letzten 20 bis 25 Jahren hat sich die Auffassung der Weltbevölkerungsentwicklung in tiefgreifender Weise verändert: von der Furcht vor „Explosion“ oder „Übervölkerung“ ist es zu einer radikalen Verschiebung der Perspektive hin zum Altern der Bevölkerungen und dem „Ergrauen“ des Planeten gekommen. Unter dem Titel „Global Aging“ ist ein Objekt von Wissenspraktiken und Governance, eine Assemblage von wissenschaftlichen, politischen und ökonomischen Strategien, entstanden. Daran waren sowohl internationale Organisationen, wie besonders die Vereinten Nationen, als auch akademische Forschungsinstitute oder die Think-Tanks der Versicherungs- und Finanzindustrie führend beteiligt.
In einer ersten Phase des Forschungsprojekts sollen die demographischen und wissenspolitischen Determinanten dieser grundlegenden Neuorientierung rekonstruiert werden. Dabei interessieren besonders die Verbreitung und die orientierende Wirkung des neuen Planungshorizonts. In einer zweiten Phase widmet sich das Projekt einem Bereich, der für die Ausformungen von Arbeit und Lebenslauf im globalen Alterungsprozess besonders sensibel ist, nämlich den möglichen Ausformungen des Lebensendes, vor allem den Übergängen von der Erwerbsarbeit zum Ruhestand. Dafür sollen sowohl historische Fallstudien reanalysiert als auch aktuelle Beispiele in verschiedenen Teilen der Welt näher betrachtet werden. Eine grundsätzliche Frage wird sein, inwiefern man historisch informierte Voraussagen und Vorschläge für künftige Lebenslaufregime im globalen Kontext machen kann.
Literatur
„Mikro- und Makro-Pfadabhängigkeiten. Ein vergleichender Kommentar“. In Arbeit und Recht seit 1800. Historisch und vergleichend, europäisch und global, herausgegeben von Joachim Rückert, 219–25. Köln: Böhlau, 2014.
„Was macht eigentlich der Wohlfahrtsstaat? Internationale Perspektiven auf das 20. und 21. Jahrhundert“. Geschichte und Gesellschaft 39, Nr. 4 (2013): 555–92.
“Social Policy History After the Transnational Turn“. In Beyond Welfare State Models. Transnational Historical Perspectives on Social Policy, herausgegeben von Pauli Kettunen und Klaus Petersen, 218–40. Cheltenham: Edward Elgar, 2011.
mit Sebastian Conrad, Hrsg. Die Nation schreiben. Geschichtswissenschaft im internationalen Vergleich. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2002.
mit Michael Lechner, und Welf Werner. „East German Fertility After Unification. Crisis or Adaptation?“ Population and Development Review 22, Nr. 2 (1996): 331–58.
Vom Greis zum Rentner. Der Strukturwandel des Alters in Deutschland zwischen 1830 und 1930. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1994.
“The Emergence of Modern Retirement. Germany in an International Comparison (1850-1960)“. Population. An English Selection 3 (1991): 171–200.
mit Paul Johnson, und David Thomson, Hrsg. Workers Versus Pensioners. Intergenerational Justice in an Ageing World. Manchester: Manchester University Press, 1989.
Zuletzt aktualisiert: 04. März 2016
Dr. des. Michelle Engeler
Universität Basel, Schweiz
Life Plans of West African Academics
Michelle Engeler hat eine Postdoktorandenstelle am Zentrum für Afrikastudien in Basel in der Schweiz, wo sie als Mitglied des Forschungsprojekts „Construire son Avenir: Selbstverständnis und Laufbahnpraktiken von Jungdiplomierten in Burkina Faso und Mali“ und als Koordinatorin des wissenschaftlichen Kommunikationsprojekts „Longing for the Future. Practices and Imaginations of Young Graduates” tätig ist.
Frau Engeler schloss ihr Studium im Jahr 2006 in Ethnologie, Geschichte und Geografie an der Universität Basel ab. Im Anschluss war sie als Mitarbeiterin am Institut für Geographie der Universität Zürich (Fachbereich für Politische Geographie, 2007-2009) und am Departement Gesellschaftswissenschaften der Universität Basel (Fachbereich Ethnologie 2011-2014) beschäftigt. In ihrer 2013 beendeten Dissertation untersuchte sie das Verhältnis zwischen Jugend und Staat in einer kleinen Grenzstadt in Guinea. Insbesondere befasste sie sich mit der Handlungsfähigkeit junger Menschen, den Lebenswegen unterschiedlicher Akteur/-innen und dem im Aufbau befindlichen Staat.
Ihr Forschungsvorhaben bei re:work untersucht (mobile) Lebenspläne und soziale Vorstellungen westafrikanischer Akademiker/-innen. Die Lebensgeschichten von Männern und Frauen, die in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren an der L'Université de Ouagadougou (UO) in Burkina Faso studierten, bilden den Ausgangspunkt ihrer Untersuchung. Auf Grundlage dieser biografischen Narrative sollen im Vorhaben die Karriereverläufe, Identitäten und sozialen Utopien der UO-Alumni aufgegriffen und mit den vergangenen und gegenwärtigen politischen Umbrüchen, gesellschaftlichen Ideen und Mobilitätsmustern in Zusammenhang gesetzt werden.
Literatur
“At the Crossroads. Youth and State Re-Making in Guéckédou, Guinea“. Dissertation, Universität Basel, 2013.
mit Carole Ammann. „‚Guinée is back?‘ Ein Land zwischen Wandel und Kontinuität.“ Afrika-Bulletin 152 (2013): 3.
“Listening, Experiencing, Observing. Reflections on Doing Fieldwork“. Basel Papers on Political Transformations, Nr. 3 (2011): 20–24.
mit Benedikt Korf, und Tobias Hagmann. „The Geography of Warscape“. Third World Quarterly 31, Nr. 3 (2010): 385–99.
„Bilder von Staat“. Tsantsa, Nr. 14 (2009): 158–71.
“Guinea in 2008. The Unfinished Revolution“. Politique Africaine, Nr. 112 (2008): 87–98.
mit Korf, Benedikt. „Geographien der Gewalt“. Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie 51, Nr. 3–4 (2007): 221–37.
Zuletzt aktualisiert: 07. März 2016
Professor Norbert Finzsch
Universität zu Köln, Deutschland
The End of Slavery, the Role of the Freedmen's Bureau and the Introduction of Sharecropping in the American South, 1863 to 1880
norbert.finzsch(at)uni-koeln.de
Norbert Finzsch studierte Geschichte, Germanistik, Soziologie und Kunstgeschichte an der Universität zu Köln und der Universität Bordeaux Montaigne in Frankreich. Er erhielt seinen Abschluss im Jahr 1977 und setzte sein Studium als Doktorand in Köln und Berkeley (Kalifornien) fort. 1980 beendete er seine Dissertation über die Geschichte der Arbeitsbedingungen des kalifornischen Bergbaugeschäfts zwischen 1848 und 1860. Im Jahr 1988 habilitierte er mit einer Arbeit zur Sozialgeschichte des Rheinlandes im 18. und 19. Jahrhundert. Nach einer Vertretungsprofessur an der Ruhr-Universität-Bochum wurde Herr Finzsch 1990 zum stellvertretenden Direktor des Deutschen Historischen Instituts in Washington DC berufen. Im Jahr 1992 erfolgte die Berufung auf den Lehrstuhl für Neuere Geschichte an der Universität Hamburg (1992-2000). Anschließen war er kurzfristig als Professor für Anglistik und Geschichte an der Université Bordeaux Montaigne tätig (2001), bevor er den Lehrstuhl für Anglo-Amerikanische Geschichte an der Universität zu Köln übernahm (2001 bis heute).
Finzsch hat zahlreiche Stipendien an Universitäten und Forschungseinrichtungen in Berkeley, Paris, Canberra (Australien), Bordeaux und Kapstadt erhalten. Er war sowohl Stipendiat des DAAD als auch des ACLS sowie des Fulbright-Programms. Die University of California, Berkeley lud ihn in den Jahren 1996, 1997 und 1999/2000 als Gastprofessor. 2012/2013 war er als Distinguished Visiting Scholar am Institute of European Studies in Berkeley.
Finzsch' Forschungsinteressen reichen von der Kliometrie bis zur Diskursanalyse und der Geschichte der afroamerikanischen Bevölkerung bis zur Geschichte des Völkersmords. Seine jüngeren Forschungsarbeiten befassen sich mit der Geschichte sozialökologischer Systeme und ihren Auswirkungen auf das Leben indigener Bevölkerungsgruppen in Südafrika, Australien und Neuseeland.
Sein Forschungsvorhaben bei re:work befasst sich mit der Entwicklung neuer Formen quasi-kapitalistischer Arbeit im Süden der Vereinigten Staaten nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkriegs. Trotz der Bemühungen seitens der Regierung ein System der Lohnarbeit im Süden zu etablieren, entsprach das entstandene System des Sharecroppings (ähnlich der Naturalpacht) einer hybriden Mischung aus Elementen der Sklaverei und Lohnarbeit. Herr Finzsch möchte darlegen, dass dieses Ergebnis einerseits die Folge verfehlter Maßnahmen der Regierung war, die den befreiten Sklaven/-innen Land zur Verfügung gestellt hatte. Andererseits war es die Konsequenz des unzulänglichen Vorgehens des Freedmen’s Bureau, als wichtigster Instanz der Reconstruction, sowie den Versuchen der früheren Sklavenhalter/-innen, das alte System wiederaufzulegen, das ihnen Zugang zu billigen landwirtschaftlichen Arbeitskräften verschaffen würde. Nimmt man die Schwäche der republikanischen Verwaltung in den ehemaligen Sklavenstaaten und die konstante und systematisch ausgeübte Gewalt gegen Republikaner/ innen, Geschäftleute aus dem Norden und politisch aktive befreite Sklaven/-innen hinzu, versteht man, warum die „freie Arbeit“ keine Chance südlich der Mason-Dixon-Linie hatte.
Norbert Finzsch hat zahlreiche Beiträge zur amerikanischen und deutschen Geschichte sowie zur vergleichenden Geschichte und zur Geschichte von Gender und Sexualität veröffentlicht.
Literatur
“‘The Intrusion Therefore of Cattle Is by Itself Sufficient to Produce the Extirpation of the Native Race’. Social Ecological Systems and Ecocide in Conflicts Between Hunter–Gatherers and Commercial Stock Farmers in Australia“. Settler Colonial Studies [= Special Issue Experiences, Actors, Spaces. Dimensions of Settler Colonialism in Transnational Perspective], 1. Dezember 2015, 28 S.
“The Harlem Renaissance, 1919-1935. American Modernism, Multiple Modernities or Postcolonial Diaspora“. In Fractured Modernity. America Confronts Modern Times, 1890s to 1940s, herausgegeben von Thomas Welskopp und Alan Lessoff, 193–212. München: Oldenbourg, 2012.
„Krise und »Rasse«. Wie Hypersegregation strukturellen Rassismus erzeugt“. In American Dream? Eine Weltmacht in der Krise, herausgegeben von Andreas Etgers und Winfried Fluck, 177–94. Frankfurt am Main: Campus, 2011.
“The End of Slavery, the Role of the Freedmen’s Bureau and the Introduction of Peonage“. In The End of Slavery in Africia and the Americas. A Comparative Approach, herausgegeben von Ulrike Schmieder, Katja Füllberg-Stolberg, und Michael Zeuske, 141–63. Berlin: LIT Verlag, 2011.
mit Michael Zeuske. “What Came after Emancipation? A Micro-Historical Comparison between Cuba and the United States“. In Humanitarian Intervention and Changing Labor Relations. The Long-Term Consequences of the Abolition of the Slave Trade, herausgegeben von Marcel van der Linden, 285–318. Leiden: Brill, 2011.
“‛[…] Extirpate or Remove That Vermine’. Genocide, Biological Warfare, and Settler Imperialism in the Eighteenth and Early Nineteenth Century’. Journal of Genocide Research 10, Nr. 2 (2008): 215–32.
Zuletzt aktualisiert: 07. März 2016
Dr. Isabella Löhr
Universität Osnabrück, DE
Research on the Run, or, the Global Networks of Academic Placement Policies, 1920s to 1950s
isabella.loehr@uni-osnabrueck.de
Isabella Löhr ist wissenschaftliche Assistentin am Europainstitut der Universität Basel. Sie studierte Kulturwissenschaften und Philosophie und erhielt ihren Doktortitel 2008 in vergleichender Kultur- und Gesellschaftsgeschichte an der Universität Leipzig. Ihre Doktorarbeit über die Globalisierung geistiger Eigentumsrechte beschäftigte sich mit der globalen Ausdehnung geistiger Eigentumsrechte seit dem späten 19. Jahrhundert und zeigte, wie eng diese verknüpft war mit der Globalisierung von Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft sowie mit der Gründung internationaler Organisationen. Im Anschluss daran war sie von 2008 bis 2013 Mitarbeiterin am Historischen Seminar der Universität Heidelberg. Ihr Interesse gilt dem Verhältnis von Staat, Governance und Globalisierungsprozessen, der Sozialgeschichte internationaler Netzwerke, globalen Biographien und der historischen Migrations- und Flüchtlingsforschung.
Bei re:work wird Isabella sich mit den globalen Netzwerken akademischer Arbeitsvermittlung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschäftigen. Das Projekt widmet sich Fluchthilfeorganisationen, die besonders ab den 1930er Jahren verfolgten Wissenschaftlern halfen, eine neue Position an einer Universität im Ausland zu finden. Diese Organisationen vollzogen einen Balanceakt zwischen Flüchtlingsarbeit und humanitärer Hilfe sowie der Selbstpräsentation als streng wissenschaftliche Organisationen. Ein genauer Blick zeigt allerdings, dass in der tägliche Praxis die Erfassung individueller Karrierepfade, die Bewertung akademischer Arbeit sowie die Evaluation von Wissenschaft gegenüber dem humanitären Impuls überwogen. Die wissenschaftlichen Fluchthilfeorganisationen profilierten sich als globale Arbeitsvermittlungen, die einen übernationalen Arbeitsmarkt für Wissenschaftler erschlossen, ihn sondierten und mithilfe gut aufgearbeiteter Personaldossiers bedienten.
Indem das Projekt bei den Fluchthilfeorganisationen ansetzt, untersucht es die Entstehung eines wissenschaftlichen Arbeitsmarktes mit tendenziell globaler Reichweite. Untersucht werden die Strukturen und Praktiken, die der weltweiten Vermittlung von Forschern zugrunde lagen, sowie die Einflüsse von Zwang und Verfolgung auf die Wahrnehmung und Bewertung wissenschaftlicher Karrieremuster in dem für westliche Gesellschaften entscheidenden Zeitraum 1920er bis 1950er Jahre. Das Interesse gilt der Art und Weise, wie diese Organisationen akademische Arbeitsmärkte als solche überhaupt erschlossen und wie sie diese über die Mobilisierung grenzüberschreitender Solidarität, über die Verknüpfung von Wissenschaft mit Flüchtlingspolitik sowie über die Einführung standardisierter Bewertungsverfahren für ‚gute Wissenschaft‘ im großen Stil internationalisierten.
Literatur
mit Andrea Rehling, Hrsg. Global Commons im 20. Jahrhundert. Entwürfe für eine globale Welt [= Jahrbuch für Europäische Geschichte/European History Yearbook, 15]. München: Oldenbourg, 2014.
“Solidarity and the Academic Community. The Support Networks for Refugee Scholars in the 1930s“. In Histories of Transnational Humanitarianism. Between Solidarity and Self-Interest [= Journal of Modern European History, 12 (2)], herausgegeben von Daniel Laqua und Charlotte Alston, 231–46. München: C.H. Beck, 2014.
„Le droit d’auteur et la Première Guerre mondiale. Un exemple de coopération transnationale européenne“. Le mouvement social 244, Nr. 1 (2013): 67–80.
“Transnational Cooperation in Wartime. The International Protection of Intellectual Property Rights During World War I“. In The Foundations of Worldwide Economic Integration. Powers, Institutions, and Global Markets, 1850–1930, herausgegeben von Niels P. Petersson und Christoph Dejung, 205–27. Cambridge: Cambridge University Press, 2013.
mit Madeleine Herren, Hrsg. Lives Beyond Borders. A Social History, 1880–1950 [= Comparativ, 23 (6)]. Leipzig: Leipziger Universitätsverlag, 2013.
mit Roland Wenzlhuemer, Hrsg. The Nation State and Beyond. Governing Globalization Processes in the 19th and Early 20th Century. Berlin: Springer, 2013.
Die Globalisierung geistiger Eigentumsrechte. Neue Strukturen internationaler Zusammenarbeit 1886–1952. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2010.
Zuletzt aktualisiert: 12. Februar 2016
Professor Anupama Rao
Columbia University, New York, USA
Dalit Bombay. Stigma, Precarity, and the Everyday Life of Outcaste Labor
Anupama Rao forscht und lehrt zur Geschichte des Anti-Kolonialismus, Gender und Sexualität, Kastenwesen und Race, historischer Anthropologie, Gesellschaftstheorie und kolonialer Genealogien von Menschenrechten und Humanität. Ihr Buch The Caste Question (University of California Press, 2009) ist eine theoretische Abhandlung der Subalternität des Kastenwesens unter besonderer Berücksichtigung der Rolle der Anti-Kastenbewegung (und ihrer Vordenker/-innen) für die Entwicklung alternativer Genealogien der politischen Subjektformung durch die Übersetzung allgemeingültiger politischer Aussagen. Frau Rao hat ebenfalls zahlreiche Beiträge zu den Themen Kolonialismus, Humanität und nicht-westlicher Geschichte von Gender und Sexualität verfasst.
Anupama Rao ist Mitbegründerin des Projekts „Subaltern Urbanism“, das vom Heyman Center for the Humanities und von der „Women Creating Change“-Initiative am Center for the Study of Social Difference der Columbia University unterstützt wird. Sie ist ebenfalls Mitbegründerin des Projekts „Asian Spatialities”, das von der Mellon Foundation und dem International Institute of Asian Studies (Leiden) unterstützt wird, sowie leitende Redakteurin der Fachzeitschrift Comparative Studies in South Asia, Africa, and the Middle East.
Frau Rao schloss ihr Bachelorstudium an der University of Chicago mit Auszeichnung ab und erhielt ihren Doktortitel im Rahmen des fachbereichsübergreifenden Programms in Anthropologie und Geschichte an der University of Michigan. Sie war Vorsitzende der Society for the Advancement of the History of South Asia (SAHSA) der American Historical Association (2010), Leiterin des Projekts „Liberalism and its Others“ am Center for the Critical Analysis of Social Difference der Columbia University und Mitglied des South Asia Council of the Association for Asian Studies (2010-12). Für ihre Arbeit erhielt sie Stipendien des ACLS, des American Institute for Indian Studies, der Mellon Foundation, der National Endowment for the Humanities und des SSRC. Anupama Rao war Gastwissenschaftlerin am National Humanities Center von 2008 bis 2009 und Wissenschaftlerin des Center for Advanced Study in the Behavioral Sciences in Stanford von 2010 bis 2011.
Bei re:work wird Frau Rao an ihrem Vorhaben Dalit Mumbai arbeiten, das sich mit den Beziehungen zwischen Kaste, politischer Kultur und dem Alltagsleben im kolonialen und postkolonialen Mumbai beschäftigt.
Literatur
More, Satyendra. Memoirs of a Dalit Communist. The Many Worlds of R.B. More (Edited and Introduced by Anupama Rao). Herausgegeben von Anupama Rao. Übersetzt von Wandana Sonalkar. Delhi: LeftWord, 2019.
mit Saurabh Dube, Hrsg. Crime Through Time. New Delhi: Oxford University Press, 2013.
“Violence and Humanity. Or, Vulnerability as Political Subjectivity“. Social Research. An International Quarterly 78, Nr. 2 (2011): 607–32.
“India and Global History“. History and Technology 26, Nr. 1 (2010): 77–84.
The Caste Question. Dalits and the Politics of Modern India. Berkeley, CA: University of California Press, 2009.
mit Steven Pierce, Hrsg. Discipline and the Other Body. Correction, Corporeality, Colonialism. Durham, NC: Duke University Press, 2006.
mit Shani D’Cruze, Hrsg. Violence, Vulnerability and Embodiment [= Special Issue Gender & History, 16 (3)]. Oxford: Blackwell, 2004.
Gender & Caste, Hrsg. New Delhi: Kali for Women, 2003.
Zuletzt aktualisiert: 04. Juni 2020
Professor Stephen Rockel
University of Toronto, Kanada
Community and Identity in the East African Slave Trade. From the Great Lakes to the Indian Ocean Coast
Stephen J. Rockel lehrt Afrikanische Geschichte an der University of Kwazulu-Natal in Südafrika, der Addis Ababa University in Äthiopien und der University of Toronto in Kanada. Zu seinen Forschungsinteressen zählen die Geschichte von Arbeiterbewegung, Sklaverei und Urbanisierung sowie die soziale und politische Geschichte von Imperialismus, Krieg und Konflikten. Obgleich er Experte für die Geschichte Ostafrikas und bis zu einem gewissen Grad auch Südafrikas ist, entwickelte er ebenfalls Interesse für die Region des Indischen Ozeans. Seine jüngsten und laufenden Forschungsprojekte widmen sich u. a. den Geschichten um Tabora, einer im 19. Jahrhundert gegründeten Handelsstadt, der Untersuchung der Autobiographie von Adrian Atiman, einem befreiten Sklaven und ersten afrikanischen Arzt in Tansania, sowie dem Ackerbau und der Weidewirtschaft in West-Tansania.
Bei re:work wird sich Herr Rockel mit der Geschichte der Sklaverei entlang der zentralen Route des Karawanenhandels im modernen Tansania befassen, der größten Handelsroute Ostafrikas im 19. Jahrhundert. Das Projekt verfolgt drei Ziele: Zunächst soll die kontrovers diskutierte Bedeutung des Verbindungsweges zwischen dem Tanganjikasee und den Häfen des Indischen Ozeans nahe Sansibar (der Mrima-Küste) für den Sklavenhandel Ostafrikas und des Indischen Ozeans untersucht werden. Wichtige geschichtliche Abhandlungen zeigen, dass die Route mit ihren Lagerplätzen für Karawanen und Marktstädten den Handel mit für den Export bestimmtem Elfenbein und importierten Textilien und anderen Industriegütern begünstigte. Die Handelsrouten entwickelten sich im Zuge der Beteiligung der ostafrikanischen Bevölkerung am globalen kapitalistischen System und beeinflussten es durch ihre Konsumvorlieben. Somit folgte die Sklaverei dem Handel. In einigen Werken wird die zentrale Verbindung jedoch als „Sklavenroute“ bezeichnet. Doch alles deutet daraufhin, dass trotz des Transports von zehntausenden Menschen im Jahr nur ein kleiner Teil der Gefangenen die Küste über Zentral-Tansania erreichte.
Ein zweites Ziel ist die Untersuchung der Sklaverei und des Auftretens neuer urbaner Gemeinschaften. Eine große Anzahl von Sklaven/-innen unterschiedlicher Herkunft bewohnte die Städte der zentralen Routen und wurde in die kommerzialisierten Stammesfürstentümer integriert. Ihre Arbeit sicherte die Infrastrukturen von Stadt und Handel bis in die Kolonialzeit und die Reproduktion der Sklavengemeinschaften leistet ihren Beitrag zur gemeinsamen multiethnischen Kultur. Auch wenn es sich bei dieser zentralen Verbindung vielleicht nicht um eine „Sklavenroute“ handelte, entstanden entlang des Weges dennoch mehrere Sklaverei-„Enklaven“ im Verlaufe eines von Sklavenhandel, Migration und Besiedlung geprägten Jahrhunderts.
Das letzte Ziel ist die Untersuchung der Genealogie des Gedankens, es handele sich bei der zentralen Route um eine Sklavenroute. Diese Idee entspringt den kolonialen und missionarischen Quellen die spätere Geschichtsschreiber/-innen beeinflussten. Aus dieser Perspektive wird die Geschichte des ostafrikanischen Sklavenhandels häufig einseitig der arabischen und suahelischen Grausamkeit zugeschrieben und die breite Beteiligung von Europäer/-innen, Araber/-innen, Inder/-innen und Afrikaner/-innen ignoriert.
Literatur
“The Tutsi and the Nyamwezi. The Transformation of Agro-Pastoralism in Nineteenth-Century Western Tanzania“. In Bridging Histories of East and Central Africa, herausgegeben von Achim von Oppen, Katharina Zöller, und Geert Castryck, forthcoming.
“Between Pori, Pwani and Kisiwani. Overlapping Labour Cultures in the Caravans, Ports and Dhows of the Western Indian Ocean“. In The Indian Ocean. Oceanic Connections and the Creation of New Societies, herausgegeben von Abdul Sheriff und Engseng Ho, 95–122. London: Hurst, 2014.
“Decentering Exploration in East Africa“. In Reinterpreting Exploration. The West in the World, herausgegeben von Dane Keith Kennedy, 172–94. Oxford: Oxford University Press, 2014.
“New Labor History in Sub-Saharan Africa. Colonial Enslavement and Forced Labor“. International Labor and Working-Class History 86 (2014): 159–72.
“Slavery and Freedom in Nineteenth Century East Africa. The Case of Waungwana Caravan Porters“. African Studies 68, Nr. 1 (2009): 87–109.
Carriers of Culture. Labor on the Road in Nineteenth-Century East Africa. Portsmouth, NH: Heinemann, 2006.
“Forgotten Caravan Towns in 19th Century Tanzania. Mbwamaji and Mpwapwa“. Azania. Archaeological Research in Africa 41, Nr. 1 (2006): 1–25.
Zuletzt aktualisiert: 09. März 2016
Professor Paul-André Rosental
Sciences Po, Paris, Frankreich
Growth, Precarious Employment, and Social Inequalities. A Comparative Eurasian Study
Paul-André Rosental ist seit 2009 Professor für moderne Geschichte und stellvertretender Direktor des Instituts für Geschichte (Centre d’histoire) an der Sciences Po in Paris. Am Zentrum für Historische Forschungen (Centre de Recherches Historiques) war Rosental Mitbegründer der Forschungsgruppe Esopp, an deren Leitung er bis heute beteiligt ist. Esopp untersucht aus historischer Perspektive Entscheidungen der Sozial-, Gesundheits- und Demographiepolitik. Zudem ist Rosental Gastforscher am französischen Institut für demographische Studien INED (Institut National d’Études Démographiques).
Rosental leitet ein Senior Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats zur Untersuchung mineralstaubbedingter Berufs- und Umweltkrankheiten aus historischer, soziologischer und medizinischer Perspektive. In seinen verschiedenen Arbeitsfeldern leitet er ein Dutzend Doktorarbeiten.
Paul-André Rosental erhielt sein Diplom von der HEC und begann seine Karriere am Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung CNRS (Centre National de la Recherche Scientifique), wo er sich an einer größeren Untersuchung zur langen Geschichte von Mobilität und Ungleichheit beteiligte. Nach seiner Dissertation unter dem Doktorvater Jacques Revel war er Dozent und ab 2003 Studienbetreuer am EHESS, wo er das Zentrum für Historische Forschungen leitete. Aktuell befasst sich seine Forschung mit der Geschichte von Migration und Familie, der öffentlichen Gesundheitsvorsorge und der Erneuerung von Eugenik-Konzepten nach 1945.
Bei re:work wird sich Paul-André Rosental mit Prekarität und Unsicherheit in den Lohnarbeitsverhältnissen während der Zeit des Wirtschaftsaufschwungs 1945-1975 (die sog. Trente Glorieuses – die goldenen dreißig Jahre) befassen. Der Niedergang des fordistisch-keynesianischen Wachstumsmodells sowie die Auswirkungen der Globalisierung führen oft zu der Vorstellung, die wirtschaftlich am weitesten entwickelten Nationen würden heute einen Abbau von „Sicherheit“ erleben, einer Sicherheit, die lange im Zentrum des Sozialvertrags und einer sozialen Staatsbürgerschaft stand, die ihre Blütezeit jedoch hinter sich hat. In dieser Vorstellung erleben diese Nationen heute die Destabilisierung eines über Jahrzehnte gereiften Wohlfahrtsstaates. Das Projekt vergleicht die sozialen Folgen der Phase des Hochwachstums nach dem Zweiten Weltkrieg in Frankreich und Japan sowie die heute in China sichtbar werdenden Auswirkungen. Die gegenwärtigen Entwicklungen in China werden analysiert, aber nicht mit dem Ziel einer Re-Interpretation, sondern vor allem, um einen Blick auf die gemeinhin weniger bekannten Aspekte in der Geschichte der „goldenen dreißig Jahre“ in Frankreich zu werfen. Die Arbeit an diesem Vergleich wird gemeinsam mit Gilles Guiheux (Université de Paris-Diderot) für China und Bernard Thomann (Inalco) für Japan erstellt.
Literatur
Hrsg. Silicosis. A World History. Baltimore, MD: Johns Hopkins University Press, 2017.
mit Thomas Cayet, Hrsg. Internationalisation des politiques sociales et du droit au XXe siècle [= Dossier, Le Mouvement Social, 244 (3)]. Paris: La Découverte, 2013.
“Eugenics and Social Security in France before and after the Vichy Regime“. Journal of Modern European History 10, Nr. 4 (2012): 540–62.
mit Stéphane Buzzi, und Jean-Claude Devinck. La santé au travail, 1880-2006. Paris: La Découverte, 2010.
Health and Safety at Work. A Transnational History [= Journal of Modern European History, 7 (2)] , Hrsg. München: C.H. Beck, 2009.
Histoire politique des populations [= Annales. Histoire, Sciences Sociales, 61 (1)] , Hrsg. Pais: EHESS, 2006.
L’intelligence démographique. Sciences et politiques des populations en France, 1930-1960. Paris: Odile Jacob, 2003.
Les sentiers invisibles. Espaces, familles et migrations dans la France du 19e siècle. Paris: EHESS, 1999.
Zuletzt aktualisiert: 09. April 2019
Dr. Sabine Rutar
Institut für Ost- und Südosteuropaforschung, Regensburg, Deutschland
Life and Labour in Cold War Borderland. Shipyard and Port Workers' Milieus in the Northeastern Adriatic, 1945-1990
Sabine Rutar schloss ihre Dissertation im Jahr 2001 im Arbeitsbereich "History and Civilization" am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz ab. Seitdem war sie am Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung, Braunschweig, (2001/02), am Institut für soziale Bewegungen, Bochum (2003-2007) sowie am Institut für Ost- und Südosteuropaforschung Regensburg (seit 2008) tätig. 2007/08 war sie Feodor-Lynen-Stipendiatin der Humboldt-Stiftung an der Universität Koper, Slowenien, und 2012/13 Fellow am Imre Kertész Kolleg in Jena. Seit 2014 ist sie Herausgeberin (und seit 2009 verantwortliche Redakteurin) der Vierteljahresschrift "Südosteuropa. Zeitschrift für Politik und Gesellschaft". Sie forscht zur vergleichenden europäischen Sozial- und Kulturgeschichte des 19. bis 21. Jahrhunderts, außer Arbeit (im habsburgischen Triest, NS-Arbeitseinsatz in Jugoslawien, Hafen- und Werftarbeiter in Jugoslawien im Kalten Krieg) gehören vor allem Kriege (Balkankriege, 2. Weltkrieg, Jugoslawienkriege) und Grenzen (v. a. nordöstliche Adriaregion) zu ihren Arbeitsfeldern.
Ihr Forschungsprojekt bei re:work untersucht die Hafen- und Werftarbeitermilieus in Rijeka (Kroatien) und Koper (Slowenien) in Jugoslawien sowie in Triest und Monfalcone in Italien im Kalten Krieg. Im Zentrum steht die Frage nach der (Re-)Konstruktion von Arbeitsmilieus und nach der (Re-)Etablierung von Arbeitsbeziehungen entlang der italienisch-jugoslawischen Grenze nach dem Krieg, also in einem multiethnischen Grenzraum, der mindestens bis 1954 in staatsrechtlicher, politischer und nationaler Hinsicht umstritten blieb. Wie ging der Aufbau einer neuen gesellschaftlichen Ordnung auf beiden Seiten der ideologischen Grenze und unter vielfältigen Berühungspunkten vonstatten? Wie wurde die Aufgabe, die Arbeiter in das jeweilige gesellschaftliche Gefüge zu integrieren, bewältigt? Die vergleichende Mikrostudie von Arbeitermilieus auf beiden Seiten dieser vergleichsweise offenen Grenze zwischen Ost und West birgt methodisches Potential auch für zukünftige Forschungen. Sie verbindet die Veränderungen und die (Re-)Konstituierung von Arbeitsbeziehungen vor Ort mit den allgemeinen Transformationsprozessen der italienischen und der jugoslawischen Gesellschaft nach dem Krieg. Diktatur und Demokratie werden zueinander in Beziehung gesetzt, und das Projekt möchte nicht zuletzt dazu beitragen, die in der europäischen Zeitgeschichtsschreibung nach wie vor oft dominante bipolare Mental Map des Kalten Krieges zu überwinden, also die Zeitgeschichte der Arbeit nach 1945 künftig gesamteuropäisch zu denken.
Literatur
Violence in Late Socialist Public Spheres [= Special Issue European History Quarterly, 42 (2)], Hrsg., 2015.
“Containing Conflict and Enforcing Consent in Titoist Yugoslavia. The 1970 Dockworkers’ Strike in Koper (Slovenia)“. European History Quarterly 45, Nr. 2 (2015): 275–94.
„Epistemologische Grenzen und europäische Zeitgeschichte am Beispiel der nordöstlichen Adriaregion“. Europa Regional 22.2014, Nr. 3–4 (2015): 192–206.
„Versponnene Fäden. Kriegsnarrative im jugoslawischen Raum“. In Traumata der Transition. Der Untergang Jugoslawiens in interdisziplinärer Sicht, herausgegeben von Svjetlan Lacko Vidulić und Boris Previšić, 133–60. Tübingen: Francke, 2015.
„‚Unsere abgebrochene Südostecke ...‘ Bergbau im nördlichen Jugoslawien (Slowenien) unter deutscher Besatzung (1941-1945)“. In Arbeit im Nationalsozialismus, herausgegeben von Marc Buggeln und Michael Wildt, 273–92. Göttingen: De Gruyter Oldenbourg, 2014.
“Nationalism in Southeast Europe since 1970“. In The Oxford Handbook of the History of Nationalism, herausgegeben von John Breuilly, 515–34. Oxford: Oxford University Press, 2013.
Beyond the Balkans. Towards an Inclusive History of Southeastern Europe, Hrsg. Münster: LIT Verlag, 2010.
Kultur - Nation - Milieu. Sozialdemokratie in Triest vor dem Ersten Weltkrieg. Essen: Klartext, 2004.
Zuletzt aktualisiert: 08. April 2016
Dr. James Williams
جامعة زايد (Zayed-Universität), Dubai, Vereinigte Arabische Emirate
Nightwatching. Male Migrant Networks and the Sustenance of Brotherhood in Cape Town
James Williams erhielt seinen Doktortitel in Anthropologie an der John Hopkins University im Jahr 2013. In seinen Forschungen befasst er sich mit der wirtschaftlichen Betätigung transnationaler Netzwerke unbegleiteter jugendlicher männlicher Migranten in Kapstadt. Herr Williams begleitete die Migranten bei ihrer Arbeit und dem täglichen Überleben in der urbanen Unterwelt Südafrikas. Er untersuchte wie diese jungen Menschen gemeinsam in einer feindlichen städtischen Umgebung navigieren, um Risiken zu mindern und staatlicher Überwachung zu entgehen, und wie sie sich in Form von klugen unternehmerischen Netzwerken organisieren, um Einkommen zu erzielen.
Sein Forschungsvorhaben bei re:work lautet Nachts wachen: männliche Migrantennetzwerke und der Erhalt von Brüderschaft in Kapstadt und konzentriert sich auf die Frage, wie die jungen Männer um Unauffälligkeit bemüht in einzelnen oder unterschiedlichen Junggesellenwohnungen in Kapstadt leben. Aus der Perspektive des Lebensverlaufs soll ihr häusliches Leben untersucht werden, das infolge dieser Form des Zusammenlebens und der Haushaltsführung junger Migranten entsteht bzw. verhindert wird. Die Studie basiert auf einer ethnografischen Untersuchung, die seit 2007 in Südafrika geführt wurde.
James Williams ist derzeit Juniorprofessor am Fachbereich für Geistes- und Sozialwissenschaften der Zayed University in Dubai. Ebenfalls ist er als Berater für das Young African Scholars Program an der Harry F. Guggenheim Foundation tätig.
Literatur
mit Felicitas Hentschke, Hrsg. To Be at Home. House, Work, and Self in the Modern World. München: De Gruyter Verlag Oldenbourg 2018.(Work in Global and Historical Perspective, Band 5).
“Evil“. In The SAGE Encyclopedia of War. Social Science Perspectives, herausgegeben von Paul Joseph und J. Geoffrey Golson, n/s. Thousand Oaks, CA: SAGE Publications, im Erscheinen.
“Poor Men with Money. On the Politics of Not Studying the Poorest of the Poor in Urban South Africa“. Current Anthropology 56, Nr. S11 (2015): 24–32.
mit Pamela Reynolds. „Youth. Urban“. In New Encyclopedia of Africa, herausgegeben von John Middleton und Joseph C. Miller, 2. Aufl., Bd. 5: 293–96. Detroit, MI: Scribner’s Sons, 2008.
Zuletzt aktualisiert: 15. Januar 2019