Fellows 2013/2014
Dr. Toby Boraman
University of Otago, Neuseeland
Die Beteiligung von Maori und Pazifischen Insulanern an der neuseeländischen Streikwelle der 1970er Jahre
Toby Boraman schloss seine Dissertation im Jahr 2007 in Politikwissenschaften an der University of Otago, Neuseeland, ab. Er war als Geschichtswissenschafter zwischen 2008 und 2013 zwei Mal zeitweilig für das Waitangi-Tribunal tätig. Seine Forschungsarbeit gilt den außerparlamentarischen sozialen Bewegungen der 1960er und 1970er Jahre, dem libertären Sozialismus, der Arbeitsgeschichte und den sozioökonomischen Erfahrungen der Maori.
Sein Forschungsprojekt bei re:work untersucht die neuseeländischen Streikwellen und anderen Formen des Arbeitskampfes der späten 1960er bis frühen 1980er Jahre. Gegenstand der Untersuchung sind hierbei die Beteiligung (oder mangelnde Beteiligung) der einfachen Arbeiterbasis, der Blue-collar- und White-collar-Arbeiter (Facharbeiter bzw. Angestellte), der Frauen sowie der Maori und Pazifischen Insulaner an den Arbeitskämpfen. Die Untersuchung der Streikwellen erfolgt in ihrem transnationalen Kontext, konzentriert sich jedoch auf die Region des Süd-Pazifiks und analysiert die Beziehungen zwischen unbezahlter und bezahlter Arbeit sowie zwischen sozialen Bewegungen und Gewerkschaften. Hierbei wird er auch den grundlegenden Charakters der Streikwellen bewerten, indem er die Gültigkeit verschiedener Ansätze untersucht, wie ‚Arbeitsverweigerung’ oder die Entwicklung zur kollektiven Selbstverwaltung.
Insgesamt sollen die alltäglichen Arbeitserfahrungen der Arbeiter und die Beziehungen zwischen Arbeitsplatz und Gemeinschaft im Vordergrund seines Projektes stehen.
Literatur
“The Independent Left Press and the Rise and Fall of Mass Dissent in Aotearoa since the 1970s“. Counterfutures, Nr. 1 (2016): 31–70.
“A Middle-Class Diversion from Working-Class Struggle? The New Zealand New Left from the Mid-1950s to the Mid-1970s“. Labour History, Nr. 103 (2012): 203–26.
“Carnival and Class. Anarchism and Councilism in Australasia during the 1970s“. In Libertarian Socialism. Politics in Red and Black, herausgegeben von Alex Prichard, Ruth Kinna, Saku Pinta, und Dave Berry, 251–74. Basingstoke: Palgrave Macmillan, 2012.
Rabble Rousers and Merry Pranksters. A History of Anarchism in Aotearoa/New Zealand from the Mid-1950s to the Early 1980s. Wellington: Irrecuperable Press, 2007.
“The New Left in New Zealand“. In On the Left. Essays on Socialism in New Zealand, herausgegeben von Pat Moloney und Kerry Taylor, 117–32. Dunedin: University of Otago Press, 2002.
Zuletzt aktualisiert: 11. April 2016
Professor Jennifer Burrell
University at Albany SUNY, USA
“Workers, Respected, Responsible”: Migration, Work and Generational Conflict among the Maya
Jennifer Burrell ist außerordentliche Professorin für Anthropologie an der University at Albany, State University of New York. Sie schloss ihre Dissertation im Jahr 2005 an der New School for Social Research ab. 2002 besuchte sie das Seminar zu internationalem Strafrecht, humanitärem Völkerrecht und Menschenrechten an der Universität Salzburg. Zu ihren Forschungsinteressen zählen Umgang mit Macht, politische und strukturelle Gewalt, politische Ökonomie und die Entstehung von Ungleichheiten. Jennifer Burrell forscht in Guatemala, Mexiko und den Vereinigten Staaten von Amerika zu Migration, Sicherheit, Menschenrechten und Staatswesen. In ihrem aktuellen Projekt untersucht sie Fragen von Recht und Generation an der Schnittstelle von Migration und Sicherheit unter Migranten in den USA und innerhalb ihrer ursprünglichen Gemeinschaften in Mexiko und Zentralamerika. Burrell war von 1999 bis 2000 Stipendiatin des Fulbright-Programms in Guatemala. Ihre Forschungsarbeiten wurden unterstützt von der Wenner-Gren Foundation, der Gerda Henkel Stiftung und dem Programa de Investigación de Migración y Salud (PIMSA). Im Jahr 2013 veröffentlichte sie die beiden Bücher Maya After War: Conflict, Power and Politics in Guatemala (University of Texas Press) und Central America in the New Millennium (Berghahn).
Bei re:work wird sie sich mit Arbeitskonzepten und Veränderungen des Arbeitsverständnisses innerhalb einer transnationalen Maya-Gemeinschaft in den vergangenen Jahrzehnten beschäftigen. Für die Maya ist Arbeit ein integraler Bestandteil von Identität und Kultur sowie der Schlüssel für Respekt und Handlungsmacht in marginalisierten Verhältnissen. Die Achtung harter Arbeit ist in mündlichen Erzählungen durchweg fest verankert, das gilt besonders für „Schlüsselstellen“ historischer Momenter, die einen schnellen Wandel bewirkt haben. Ein „guter Arbeiter“ zu sein und „gute Arbeit“ zu leisten, sind Orientierung bietende Stilfiguren und Teil der gemeinsamen Leistung der Gemeinschaft. Burrell untersucht Bedeutungsverschiebungen darüber, was einen „guten Arbeiter“ und „gute Arbeit“ ausmacht, und wie sie zu neuen Maßstäben der generationsübergreifenden und genderspezifischen Fürsorge oder Auseinandersetzung werden. Sie zeigt, wie grundlegend diese für die politisch komplexen Verhandlungen sind, die transnationale Migranten in der übermäßig gesicherten Welt des späten Kapitalismus führen.
Literatur
mit Ellen Moodie. “The Post-Cold War Anthropology of Central America“. Annual Review of Anthropology 44 (2015): 381–400.
Maya After War. Conflict, Power, and Politics in Guatemala. Austin, TX: University of Texas Press, 2013.
mit Ellen Moodie, Hrsg. Central America in the New Millennium. Living Transition and Reimagining Democracy. New York, NY: Berghahn, 2013.
“Ephemeral Rights and Securitized Lives. Migration, Mareros and Power in Millennial Guatemala“. In Central America in the New Millennium. Living Transition and Reimagining Democracy, herausgegeben von Jennifer Burrell und Ellen Moodie, 146–60. New York, NY: Berghahn, 2013.
“(After) Lynching“. In War by Other Means. Aftermath in Post-Genocide Guatemala, herausgegeben von Carlota McAllister und Diane M. Nelson, 241–60. Durham, NC: Duke University Press, 2013.
mit Elena P. Bilbao González, und James Collins. „La migración Mexicana y su acceso a los servicios de salud. Una perspectiva binacional desde puebla y la región de la capital del estado de Nueva York“. Iberóforum. Revista de Ciencias Sociales de la Universidad Iberoamericana VII, Nr. 13 (2012): 61–97.
“In and Out of Rights. Security, Migration, and Human Rights Talk in Postwar Guatemala“. The Journal of Latin American and Caribbean Anthropology 15, Nr. 1 (2010): 90–115.
“Migration and the Transnationalization of Fiesta Customs in Todos Santos Cuchumatán, Guatemala“. Latin American Perspectives 32, Nr. 5 (2005): 12–32.
Zuletzt aktualisiert: 11. April 2016
Dr. Lorenzo D'Angelo
Università Cattolica del Sacro Cuore, Mailand, Italien
Diamantenabbau: Arbeit, Vorstellungswelten und Lebenszyklen in Sierra Leone
Lorenzo D’Angelo erhielt seinen Doktortitel in Humanwissenschaften (Gegenwartsanthropologie) im Jahr 2011 an der Università degli Studi di Milano-Bicocca. Er lehrt Kulturanthropologie im Bereich Organisationswissenschaften an der Università Cattolica del Sacro Cuore in Mailand, Italien.
Seine erste Feldarbeit galt den schwierigen sozialen Verhältnissen der Asylbewerber und „illegalen“ Migranten in Italien. Im Jahr 2008 begann er ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der Società di Psicoanalisi Critica, einem italienischen Verband kritischer Psychoanalytiker, zur Erarbeitung einer kritischen Perspektive innerhalb der Sozialwissenschaften unter dem Einfluss der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule.
Heute beschäftigt er sich mit der historischen und ethnographischen Untersuchung der wirtschaftlichen, kulturellen und religiösen Aspekte des Diamantenabbaus in Sierra Leone. Im Zuge der Auseinandersetzung mit diesen Themen hat er Schlüsselfragen hinsichtlich der Anthropologie der Arbeit aufgeworfen. Im Jahr 2012 wurde er Mitglied der neugegründeten Italian Society of Labour History (SISLav).
Seine Forschungsarbeit bei re:work basiert auf den Ergebnissen seiner Feldarbeit in den Bergwerken von Sierra Leone (2007-2011). Er untersucht, welche Vorstellungen die lokalen Minenarbeiter mit ihren historischen und beruflichen Erfahrungen in Bezug auf ihre Gesellschaft und gegenüber weiter entfehrten verbinden. Die Diamanten aus Sierra Leone stehen seit langem im Zentrum der Debatte über die Ursachen des Bürgerkriegs zwischen 1991 und 2002. Trotzdem liegen kaum Erkenntnisse über die Ansichten und Lebensbedingungen der Minenarbeiter im Kleinbergbau in Sierra Leone vor. Sein Forschungsvorhaben bemüht sich um die Verbindung zweier Aspekte, die er als grundlegend für die Erarbeitung eines Arbeitskonzeptes erachtet, das den Produktionsstandort erneut in den Fokus theoretischer Analysen rückt: die Gewinnung von Diamanten und die Vorstellungswelten der Minenarbeiter.
Weil er sich auf die Sichtweisen derjenigen stützt, die am Rand der globalen Wertschöpfungsketten stehen, versteht er Arbeit als komplexe Verbindung von materieller Produktion, Vorstellungswelten und den Lebenserfahrungen der sozialen Akteure. Tatsächlich sind Minenarbeiter keine passiven Subjekte, sondern vielmehr Akteure, die der Dynamik des Kapitalismus auf unterschiedlichen kreativen Wegen widerstehen, mit ihr zusammenwirken oder sie reproduzieren.
Literatur
“The Art of Governing Contingency. Rethinking the Colonial History of Diamond Mining in Sierra Leone“. Historical Research 89, Nr. 243 (2016): 136–57.
“’Diamond Mining Is a Chain’. Luck, Blessing, and Gambling in Sierra Leone’s Artisanal Mines“. Critical African Studies 7, Nr. 3 (2015): 243–61.
“Who Owns the Diamonds? The Occult Eco-Nomy of Diamond Mining in Sierra Leone“. Africa 84, Nr. 2 (2014): 269–93.
“Changing Environments, Occult Protests and Social Memories in Sierra Leone“. Social Evolution & History 13, Nr. 2 (2014): 22–56.
„Diamanti e sviluppo. Un’analisi critica degli stereotipi sui minatori della Sierra Leone“. ANUAC 2, Nr. 1 (2013): 87–104.
mit Amalia Rossi, Hrsg. Antropologia, risorse naturali e conflitti ambientali. Milano: Mimesis, 2012.
„Il duro lavoro ed i soldi veloci. L’economia occulta dell’estrazione mineraria in Sierra Leone“. In L’ideologia del denaro. Tra psicoanalisi, letteratura, antropologia, herausgegeben von Adriano Voltolin, 97–129. Milan: Mondadori, 2011.
Zuletzt aktualisiert: 11. April 2016
Dr. Paula de la Cruz Fernandez
Florida International University, Miami, USA
Atlantische Fäden: Singer in Spanien und Mexiko, 1860-1940
Paula A. de la Cruz-Fernández erhielt ihren Doktortitel in Geschichte an der Florida International University im Jahr 2013. Ihre Dissertation „Atlantische Fäden: Singer in Spanien und Mexiko, 1860-1940“ untersucht die Veränderungen und Modernisierung von Nähverfahren in Spanien und Mexiko im Zuge der globalen Ausweitung der Aktivitäten des US-amerikanischen, transnationalen Singer-Konzerns. Ihre Forschungen konzentrieren sich hierbei auf die Frage, wie es dem transnationalen Unternehmen gelang, Erfahrungen aus dem gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Umfeld der Länder zu schöpfen, in denen sich das Unternehmen niedergelassen hatte, und zugleich Teil dieser zu werden.
Bei re:work wird sie sich mit der Buchveröffentlichung ihrer Dissertationsschrift befassen. Zu ihren zentralen Forschungsthemen gehören Geschlechtergeschichte, Unternehmensgeschichte und Weltgeschichte.
Literatur
“Multinationals and Gender. Singer Sewing Machine and Marketing in Mexico, 1890–1930“. Business History Review 89, Nr. 3 (2015): 531–49.
“Isaac Merritt Singer“. Herausgegeben von William J. Hausman. Immigrant Entrepreneurship. German-American Business Biographies, 1720 to the Present. German Historical Institute, zuletzt aktualisiert am 30. Juli 2015.
“Marketing the Hearth. Ornamental Embroidery and the Building of the Multinational Singer Sewing Machine Company“. Enterprise & Society 15, Nr. 3 (2014): 442–71.
“Embroidering the Nation. The Culture of Sewing and Spanish Ideologies of Domesticity“. In Memory and Cultural History of the Spanish Civil War. Realms of Oblivion, herausgegeben von Aurora G. Morcillo, 249–84. Leiden: Brill, 2014.
“Atlantic Threads. Singer in Spain and Mexico, 1860-1940“. Doctor of Philosophy (PhD) in History, Florida International University, 2013.
Zuletzt aktualisiert: 12. April 2016
Dr. Jan Grill
University of Manchester, Großbritannien
‚Roma labour’ [Romani butji] und ‚Gypsy work’ [cigánská robota] Arbeitsideologien und –praxen der ostslowakischen Roma
Dr. Jan Grill ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich für Sozialanthropologie an der University of Manchester. Er begann seine dortige Arbeit im Jahr 2012 nach dem Abschluss seiner Dissertation in Sozialanthropologie an der University of St Andrew. Seit 2005 forscht er zu ethnografischen Themen unter slowakischen, tschechischen und ungarischen Roma/Gypsy-Gruppen. Dabei beschäftigt er sich insbesondere mit den verschiedenen Migrationsformen von Zentralosteuropa nach Großbritannien und Kanada (und zurück). Seine Arbeit konzentriert sich auf die sozialen Migrationsverläufe transnationaler Roma-Netzwerke und untersucht die konkreten Bahnen, auf denen sie verlaufen. Methodisch hat er sowohl ethnografische und qualitative als auch Archivforschungen betrieben. Seine Arbeiten stehen unter dem Einfluss der Fachgebiete Migration, Ethnizität, Nationalismus, Rassismus, Marginalität und Arbeit sowie der Ethnografie von Staat und Grenzen.
Sein Forschungsvorhaben bei re:work befasst sich mit unterschiedlichen Kategorisierungen von Arbeit innerhalb der Roma/Gypsy-Gruppen in Zentralosteuropa. Auf der Grundlage von Daten aus ethnografischer Feldarbeit und Archivforschungen wird sich Jan Grill mit den wandelnden Konzeptualisierungen von Arbeit der Roma sowie mit herrschenden Ideologien von Arbeitsethik beschäftigen. Er wird außerdem ihre praktische Arbeitstätigkeit in Bezug auf weiter gefasste historische Zwänge untersuchen, die sie in unterschiedliche geringfügige Beschäftigungsverhältnisse verschiedener Arbeitsregime führen. Hierbei wird er auch erkunden, inwiefern die Verläufe und das Selbstverständnis von Roma-Arbeit im Osten der Slowakai durch die Bemühungen, die Roma in die sozialistische Arbeiterklasse zu integrieren, ihre Langzeitarbeitslosigkeit und ihre Arbeitsmigration im Postsozialismus umgestaltet und geprägt wurden.
Literatur
„Re-Learning to Labour? ‘Activation Works’ and New Politics of Social Assistance in the Case of Slovak Roma“. Journal of the Royal Anthropological Institute 24, Nr. S1 (2018): 105–19.
“Struggles for the Folk. Politics of Culture in Czechoslovak Ethnography, 1940s–1950s“. History and Anthropology 26, Nr. 5 (2015): 619–38.
“‘Endured Labour’ and ‘Fixing Up’ Money. The Economic Strategies of Roma Migrants in Slovakia and the UK“. In Gypsy Economy. Romani Livelihoods and Notions of Worth in the 21st Century, herausgegeben von Micol Brazzabeni, Manuela Ivone Cunha, und Martin Fotta, 88–106. New York, NY: Berghahn, 2015.
„Historické premeny štruktúry medzikultúrnych vzťahov. Formy spolužitia v prípade Tarkoviec na východnom Slovensku“. In Čierno-biele svety. Rómovia v majoritnej spoločnosti na Slovensku, herausgegeben von Tatiana Podolinská und Tomáš Hrustič, 146–71. Bratislava: VEGA, 2014.
“Roma Asylum Migrations from Czech Republic to Canada and Back. A Case Study of Roma Migratory Network from Bombary“. In Roma Migration to and from Canada. The Czech, Hungarian and Slovak Case, herausgegeben von Zsuzsanna Vidra, 89–128. Budapest: Central European University, 2013.
“‘Going up to England’. Exploring Mobilities among Roma from Eastern Slovakia“. Journal of Ethnic and Migration Studies 38, Nr. 8 (2012): 1269–87.
“‘It’s Building up to Something and It Won’t Be Nice When It Erupts’. The Making of Roma/Gypsy Migrants in Post-Industrial Scotland“. Focaal, Nr. 62 (2012): 42–54.
“From Street Busking in Switzerland to Meat Factories in the UK. A Comparative Study of Two Roma Migration Networks from Slovakia“. In Global Connections and Emerging Inequalities in Europe. Perspectives on Poverty and Transnational Migration, herausgegeben von Deema Kaneff und Frances Pine, 79–102. London: Anthem Press, 2011.
Zuletzt aktualisiert: 09. Oktober 2019
Dr. Nurşen Gürboğa
Marmara Üniversitesi, Istanbul, Türkei
Leben, Arbeit und Stadt: Die Dampfschiffarbeiter von Şirket-i Hayriye in Istanbul (1890–1940)
Nurşen Gürboğa erhielt ihren Doktortitel im Jahr 2005 am Atatürk-Institut für Moderne Türkische Geschichte der Boğaziçi University. Ihre Dissertation „Minenarbeiter, Staat und Krieg, das Kohlebecken von Zonguldak als Schauplatz der Auseinandersetzung: 1920-1947“ untersucht die konfliktreiche Beziehung zwischen der kemalistischen Einparteienherrschaft, den Minenarbeitern und den Unternehmen. Das Hauptaugenmerk gilt hierbei dem Protest der zwangsverpflichteten Minenarbeiter gegen die repressiven Arbeitsvorschriften der herrschenden Elite und dem Basisaktivismus im Kohlebecken von Zonguldak während des Zweiten Weltkriegs.
Gürboğas Dissertation wurde 2009 vom Ottoman Bank Archives and Research Centre (Osmanlı Bankası Arşiv ve Araştırma Merkezi) veröffentlicht und ihr Aufsatz „Compulsory Mine Work: The Single-party Regime and Zonguldak Coalfield as the Site of Contention, 1940-1947“ erschien in der International Review of Social History im Jahr 2009. Zu Gürboğas Forschungsinteressen gehören die Geschichte des späten Osmanischen Reiches und der frühen republikanischen Türkei, Arbeitsgeschichte, Städtebaugeschichte und soziale Bewegungen.
Seit 2003 unterrichtet sie osmanische und türkische Geschichte, Politik und Geschlechterbeziehungen in der türkischen Gesellschaft an der Marmara Üniversitesi am Fachbereich für Politikwissenschaft und internationale Beziehungen.
Bei re:work wird Gürboğa ihre Untersuchung der Arbeitsbeziehungen und des Alltagslebens der Arbeiter des Dampfschifffahrtsunternehmens Şirket-i Hayriye ausdehnen, das zwischen 1852 und 1944 den öffentlichen Wasserverkehr in Istanbul über den Bosporus betrieb. Die Geschichte der Arbeiter von Şirket-i Hayriye stellt eine hervorragende Möglichkeit dar, sowohl die Beziehungen zwischen Arbeitern und urbanem Raum, ihre Migrationsmuster und Überlebensstrategien in einer riesigen Stadt, ihre Haushaltsstrukturen und Lebenszyklen, als auch ihre sozialen Netzwerke zu untersuchen, die auf regionalen, ethnischen, religiösen, beruflichen und Wohnort bedingten Bindungen basieren. Die Erforschung eines Zeitraums, der vom späten 19. Jahrhundert bis Mitte des 20. Jahrhunderts reicht, ermöglicht zudem eine Erkundung der Lebenszyklen der Arbeiter, sowie der wechselnden Struktur der Erwerbsbevölkerung im Übergang vom alten Reich zum Nationalstaat.
Literatur
“Şirket-I Hayriye Pension Fund, Right to Retirement and Labor Control (1893-1932)“. In History from Below. A Tribute in Memory of Donald Quataert, herausgegeben von Selim Karahasanoğlu und Deniz Cenk Demir. Istanbul: Istanbul Bilgi University Press, im Erscheinen.
„1923 Nüfus Mübadelesi ve Mübadil Romanlara Yönelik İskân ve Denetim Politikaları“. Toplumsal Tarih, Nr. 263 (2015): 36–43.
“Compulsory Mine Work. The Single-Party Regime and the Zonguldak Coalfield as a Site of Contention, 1940–1947“. International Review of Social History 54, Nr. Supplement S17 (2009): 115–42.
The Zonguldak Coal Basin as the Site of Contest, 1920-1947. Mine Workers, the Single Party Rule, and War. İstanbul: Ottoman Bank Archives and Research Centre, 2009.
Zuletzt aktualisiert: 13. April 2016
Professor Vincent Houben
Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland
Indentured and Free Labour. Colonial Work Systems in Southeast Asia
vincent.houben(at)rz.hu-berlin.de
Vincent Houben ist seit April 2001 Professor für südostasiatische Geschichte und Gesellschaft am Institut für Asien- und Afrikawissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. Zwischen 2004 und 2011 war er Direktor des Instituts.
Seine wissenschaftliche Laufbahn begann an der Universität Leiden, wo er Geschichte und Indonesische Philologie studierte und im Jahr 1987 seine Dissertation über die indirekte Kolonialherrschaft in Zentral-Java abschloss. Nach seiner Tätigkeit als Dozent für Indonesische Geschichte in Leiden, wurde er 1997 Professor für Südostasienstudien an der Universität Passau. Im Jahr 1993 war er Gastdozent an der University of Queensland, Brisbane, sowie 2007 und 2009 Gastprofessor am Institut für Asien- und Pazifikstudien der Australian National University in Canberra. Er ist Mitglied der Redaktionsleitung beim Journal of Southeast Asian Studies und TRANS: Trans-Regional and -National Studies of Southeast Asia. Zu seinen Forschungsgebieten zählen südostasiatische Geschichte der Gegenwart und Moderne, bzw. Kolonial- und Wirtschaftsgeschichte, der Aufbau eines öffentlichen Gedächtnisses und einer vergleichenden (transnationalen) Geschichte für Südostasien sowie die Theorie der Geschichte und Regionalwissenschaften. Räumlich liegt sein Fokus hierbei auf Indonesien, mit Schwerpunkt Java, sowie auf Malaysia und Vietnam.
Bei re:work wird er seine früheren Forschungsarbeiten aus den 1980er und 1990er Jahre zur Vertragsknechtschaft (indentured labour) der Javaner während der Kolonialzeit fortsetzen, nun unter dem Schwerpunkt Arbeitsrechte und grenzüberschreitende Vernetzung. Im Zuge seiner Archivarbeiten hat er Material über das transnationale Ausmaß javanischer Arbeitsmigration zusammengetragen, ein Thema, das von den Geschichtswissenschaften lange Zeit vernachlässigt wurde. Sein Projekt wird diese Problematik nun erneut aufgreifen und neue Erkenntnisse der Globalgeschichte sowie der entangled history nutzen, um eine vergleichende Untersuchung der kolonialen Arbeitsbeziehungen des südostasiatischen und pazifischen Raums anzustellen. Die konkrete empirische Grundlage seiner Arbeit bilden die niederländischen Archivalien von Arbeitsinspektoren, die sowohl Behörden als auch Unternehmen in den benachbarten britischen (British Malaya) und französischen (Indochina und Neukaledonien) Kolonien kontrollierten, in denen Javaner auf Plantagen arbeiteten. Weitere Primärquellen sollen im britischen Kolonialarchiv in London, dem französischen Archiv in Aix-en-Provence sowie dem niederländischen Nationalarchiv in Den Haag zusammengetragen werden.
Literatur
„Colonial Capitalism and Javanese Transcolonial Labor Migration in Insular Asia“. In Work out of Place, herausgegeben von Mahua Sarkar, 55–76. Berlin: De Gruyter, 2018.
„Koloniale Moderne in Nederlandsch Indië. Grenzen und Gegenströme“. In Andere Modernen. Beiträge zu einer Historisierung des Moderne-Begriffs, herausgegeben von Wolfgang Kruse, 209–18. Bielefeld: transcript, 2015.
„Sociocultures of Insular Southeast Asia. Between History, Area and Social Studies“. Transcience 5, Nr. 1 (2014): 28–35.
mit Julia Seibert. „(Un)freedom. Colonial Labour Relations in Belgian Congo and the Dutch East Indies Compared“. In Colonial Exploitation and Economic Development. The Belgian Congo and the Netherlands Indies Compared, herausgegeben von Ewout Frankema und Frans Buelens, 178–92. London: Routledge, 2013.
„Economic Crises in the ASEAN Area. Types and Responses“. European Review of History / Revue européenne d’histoire 19, Nr. 6 (2012): 965–77.
mit Mona Schrempf, Hrsg. Figurations of Modernity. Global and Local Representations in Comparative Perspective. Frankfurt am Main: Campus, 2008.
„Historical Evidence and Dutch Colonial Labor Relations“. In Evidence and Inference in History and Law. Interdisciplinary Dialogues, herausgegeben von William L. Twining und Iain Hampsher-Monk, 311–28. Evanston, IL: Northwestern University Press, 2003.
mit Howard Dick, J. Thomas Lindblad, und Thee Kian Wie. The Emergence of a National Economy. An Economic History of Indonesia, 1800-2000. Honolulu, HI: University of Hawai’i Press, 2002.
mit J. Thomas Lindblad, Hrsg. Coolie Labour in Colonial Indonesia. A Study of Labour Relations in the Outer Islands, C. 1900-1940. Wiesbaden: Harrassowitz, 1999.
“Labour Conditions on Western Firnis in Colonial Indonesia. Outline of an Approach“. Jahrbuch Für Wirtschaftsgeschichte / Economic History Yearbook 36, Nr. 1 (1995): 93–106.
Kraton and Kumpeni. Surakarta and Yogyakarta, 1830-1870. Leiden: KITLV Press, 1994.
„Javanese Labour Migration into Southeast Asia, the Pacific and Australia“. In Proceedings of the University of Queensland History Research Group, herausgegeben von Paul Crook, 5:16–30, 1994.
„Economic Policy in Central Java in the Nineteenth Century“. In Economic Growth in Indonesia, 1820-1940, herausgegeben von Angus Maddison, 185–202. Dordrecht: Foris, 1989.
Dr. Ju Li
Binghamton University, Vestal, NY, USA
Leben in ‚erodierender Deindustrialisierung’: die sich wandelnden Lebensverläufe dreier Generationen chinesischer TFC-Arbeiter
Ju Li schloss ihre Dissertation im Jahr 2012 am Fachbereich Soziologie der US-amerikanischen Binghamton University ab. Zu ihren Interessensgebieten zählen Sozialgeschichte, Arbeit, das China der Moderne, historische Soziologie, Globalisierung und die Auseinandersetzung mit kritischer Entwicklungstheorie sowie die Untersuchung von Lebensverläufen. Ihre Doktorarbeit trägt den Titel „Alles was fest ist, wird zu Luft: Eine Untersuchung der Umwandlung des Unternehmens Nafang Steel der Dritten Front in China“. In dieser untersuchte sie die anhaltenden massiven sozialen Veränderungen im heutigen China und ihren Bezug zum aktuell vorherrschenden Modernitäts- und Wirtschaftsreformdiskurs. Hierzu beschäftigte sie sich mit den Transformationsprozessen zwischen 1960 und 2010 bei Nafang Steel, einem Unternehmen der sogenannten Dritten Front in der Provinz Sichuan. Das Unternehmen war im Zuge des Aufbaus eines binnenländischen Industriesektors, der sogenannten Dritten Front (Third Front Construction, TFC), gegründet worden.
Ihr Forschungsvorhaben bei re:work steht unter dem Titel „Leben in ‚erodierender Deindustrialisierung’: die sich wandelnden Lebensläufe dreier Generationen chinesischer TFC-Arbeiter“ und untersucht die komplexen Verbindungen zwischen dem historischen Wandel der Dritten Front, einem der größten sozialistischen Industrialisierungsprojekte Chinas, und den konkreten Veränderungen des globalen wirtschaftspolitischen Klimas. Gleichzeitig werden ganz konkret drei Generationen von TFC-Arbeitern beleuchtet, um die Einflüsse zu identifizieren, die diese übergeordneten Prozesse auf ihre Lebensverläufe, Lebensbahnen und Erwartungen hatten.
Literatur
„From “Out-of-Plan Worker” to the “Floating Mass.” Informal Work in the History of the PRC“. In Work out of Place, herausgegeben von Mahua Sarkar, 173–96. Berlin: De Gruyter, 2018.
„From ‚Master‘ to ‚Loser‘. Changing Working-Class Identity in Contemporary China“. International Labor and Working-Class History 88 (2015): 190–208.
„Fight Silently. Everyday Resistance in Surviving State Owned Enterprises in Contemporary China“. Global Labour Journal 3, Nr. 2 (2012): 194–216.
Professor Alexander Lichtenstein
Indiana University, Bloomington, USA
Ausgestaltung der Apartheid: Arbeitsbeziehungen und der Südafrikanische Staat, 1948-1994
Alexander Lichtenstein ist als Gastprofessor für Geschichte an der Indiana University in Bloomington tätig, wo er US-amerikanische und südafrikanische Geschichte unterrichtet. Seine Forschungen konzentrieren sich auf die Schnittstelle von Arbeitsgeschichte und dem Kampf gegen rassistische Diskriminierung in Gesellschaften unter weißer Vorherrschaft, insbesondere im Süden der Vereinigten Staaten (1865-1954) und im Südafrika des 20. Jahrhunderts. Sein erstes Buch „Twice the Work of Free Labour“ untersucht die Bedeutung des Convict-Lease-Systems (Verpachtung von Zwangsarbeitern) und der Chain Gangs (Gefangenengruppen, die aneinander gekettet körperlicher Arbeit in der Öffentlichkeit nachgingen) für den Wiederaufbau der Südstaaten nach dem Bürgerkrieg. Anschließend hat Lichtenstein zahlreiche Arbeiten über die Beziehungen zwischen Schwarzen und Weißen innerhalb der Arbeiterbewegung, den gemeinsamen Agrarradikalismus, die frühen Bemühungen um Bürgerrechte, den Einfluss der antikommunistischen Haltung auf die Arbeiter- und Bürgerrechtsbewegung sowie über vergleichende US-amerikanische und südafrikanische Geschichte verfasst.
Bei re:work wird er ein Buch über Gewerkschaftsbewegungen und den Staat unter dem Apartheidsregime vorbereiten, das den vorläufige Arbeitstitel: „Making Apartheid Work: Industrial Relations and the South African State, 1948-1994“ trägt. Untersuchen möchte er hierbei insbesondere die Möglichkeiten der afrikanischen Fabrikarbeiter unter dem Apartheidsregime, kleinere Zugeständnisse seitens der Arbeitgeber und des Staates zu nutzen, um innerhalb der Belegschaft Netzwerke aufzubauen, die unter Umständen eine spätere Grundlage für den Kampf gegen die Apartheid aus den Fabriken heraus bildeten. Zugleich kuratiert er eine Ausstellung der Fotografien von Margaret Bourke-White in Südafrika im Jahr 1950, die 2014 in Johannesburg und Kapstadt gezeigt werden sollen.
Literatur
mit Christian G. De Vito. „Writing a Global History of Convict Labour“. In Global Histories of Work, herausgegeben von Andreas Eckert, 49–89. Berlin: De Gruyter Oldenbourg, 2016.
mit Rick Halpern. Margaret Bourke-White and the Dawn of Apartheid. Bloomington, IN: Indiana University Press, 2016.
„Harold Wolpe and the Labour Question“. Social Dynamics. A Journal of African Studies 41, Nr. 3 (2015): 597–601.
„‚A Measure of Democracy‘. Works Committees, Black Workers, and Industrial Citizenship in South Africa, 1973 - 1980“. South African Historical Journal 67, Nr. 2 (2015): 113–38.
„The Other Civil Rights Movement and the Problem of Southern Exceptionalism“. Journal of The Historical Society 11, Nr. 3 (2011): 351–76.
„Making Apartheid Work. African Trade Unions and the 1953 Native Labour (Settlement of Disputes) Act in South Africa“. The Journal of African History 46, Nr. 2 (2005): 293–314.
„‘The Hope for White and Black’? Race, Labour and the State in South Africa and the United States, 1924–1956“. Journal of Southern African Studies 30, Nr. 1 (2004): 133–53.
Twice the Work of Free Labor. The Political Economy of Convict Labor in the New South. London: Verso, 1996.
Zuletzt aktualisiert: 01. Oktober 2016
Professor Elena Marushiakova
Българска Академия на науките (Bulgarische Akademie der Wissenschaften), Sofia, Bulgarien
Roma aus Südosteuropa: Leben und Arbeiten in der Migration
Elena Marushiakova arbeitet am Institut für Ethnologie und Volkskunde am Museum für Ethnografie der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften. Sie hat mehrere Arbeiten über die Roma in Bulgarien, auf dem Balkan und in Mittel- und Osteuropa veröffentlicht. Zu ihren wichtigsten Werken (gemeinsam mit Vesselin Popov) zählen die erste monografische Untersuchung der Geschichte, Sozialstrukturen und Kultur der Roma in Bulgarien (1997), ein Buch über die Roma im Ottomanischen Reich (2000) und ein Buch über die Roma in der Schwarzmeerregion (2008). Diese Bücher wurden im Rahmen einer Reihe zu Romastudien unter dem Titel Studii Romanii veröffentlicht.
Elena Marushiakova ist die Vorsitzende der Gypsy Lore Society, einer internationalen Wissenschaftsorganisation im Bereich Romastudien, die vor mehr als 100 Jahren gegründet wurde. Sie ist ebenfalls Mitglied weiterer Berufsverbände, unter anderem in der European Association of Social Anthropologists (EASA), im International Committee for Museums Ethnography des International Council of Museums und im International Council for Traditional Music. Sie ist auch Mitglied im European Academic Network on Romani Studies, das von der Europäischen Kommission und dem Europarat eingerichtet wurde. Elena Marushiakova ist außerdem Mitglied der Redaktionsleitung der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Romani Studies.
Ihr Forschungsprojekt bei re:work ist eine vergleichende Untersuchung der Veränderungen von Arbeits- und Lebenszyklen südosteuropäischer Roma vor und nach der Migration. Ihr Vorhaben untersucht Migranten nicht nur als passive Empfänger von Sozialleistungen und politischen Maßnahmen, sondern als aktive Gestalter ihres Lebens. Die Arbeit beabsichtigt, Antworten auf die Frage nach den Einflüssen auf die migrantischen Lebensverläufe der Roma zu geben und ihre Einstellung gegenüber Arbeit und Freizeit im Kontext von Migration zu analysieren. Hierzu werden verschiedene Aspekte wie die Strukturen innerhalb der Roma-Gemeinschaften, ihre historische Erfahrung als Dienstleistungsnomaden und ihre Inklusion in sozialistische Betriebe während des Kommunismus einbezogen. Berücksichtigung finden auch die Netzwerke zwischen spezifischen Roma-Gemeinschaften und anderen Migrantengruppen aus ihren jeweiligen Heimatländern sowie Roma- und Nicht-Roma-Organisationen in den Gastländern. Untersucht wird explizit, ob Migration zu einem Zusammenwachsen mit anderen ethnischen Gruppen beiträgt, die aus den selben Herkunftsorten stammen. Ebenfalls untersucht werden Anpassung und Integration an den neuen Wohnort und inwieweit diese Einfluss auf die Lebensverläufe der Gruppenmitglieder und auf ihr Verhältnis zu Arbeit und Freizeit nehmen. Marushiakovas Projekt folgt einem dualen Ansatz, durch die Einbeziehung einer vergleichenden Analyse verschiedener Personengruppen aus unterschiedlichen Einwanderungswellen einerseits und einer longitudinale Perspektive auf den Gesamtlebensverlauf der einzelnen Migranten andererseits.
Literatur
mit Vesselin Popov, Hrsg. Roma Culture. Myths and Realities. München: LINCOM, 2016.
“Roma from Southeastern Europe. Living and Working in Migration“. In Romani Studies. Contemporary Trends, herausgegeben von Christo Kjučukov, Ladislav Fizik, und Lukasz Kwadrans, 216–43. München: LINCOM, 2015.
mit Vesselin Popov. “Significance of the Taking of an Oath in Roma Communities“. In Linguistic, Cultural and Educational Issues of Roma, herausgegeben von Khristo Ki︠u︡chukov, Martin Kaleja, und Milan Samko, n/s. München: LINCOM, 2014.
mit Vesselin Popov. “‘Gypsy‘Groups in Eastern Europe. Ethnonyms vs. Professionyms“. Romani Studies 23, Nr. 1 (2013): 61–81.
mit Vesselin Popov. “Roma Identities in Central, South-Eastern and Eastern Europe“. In Roma Identity and Antigypsyism in Europe, herausgegeben von Hristo Kjučukov, n/s. München: LINCOM, 2013.
mit Vesselin Popov. “Between Exoticization and Marginalization. Current Problems of Gypsy Studies“. Behemoth 4, Nr. 1 (2011): 86–105.
mit Vesselin Popov. “Gypsy/Roma European Migrations from 15th Century Till Nowadays“. In Proceedings of the International Conference ‘Romani Mobilities in Europe. Multidisciplinary Perspectives, herausgegeben von Nando Sigona, 126–31, 2010.
Dynamics of National Identity and Transnational Identities in the Process of European Integration, Hrsg. Newcastle: Cambridge Scholars Publishing, 2008.
mit Vesselin Popov. „Les migrations des Roms balkaniques en Europe occidentale. Mobilités passées et présentes“. Übersetzt von Nadège Ragaru. Balkanologie. Revue d’études pluridisciplinaires XI, Nr. 1–2 (2008).
Zuletzt aktualisiert: 18. April 2016
Dr. Frank Reichherzer
Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland
Die Kolonisierung der freien Zeit. Eine Topologie der Moderne
frank.reichherzer(at)hu-berlin.de
Frank ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Geschichte Westeuropas und der transatlantischen Beziehungen an der Humboldt-Universität zu Berlin. An den Universitäten Tübingen und Florenz hat er von 1998 bis 2005 Neure und Neueste Geschichte, Politikwissenschaften und Allgemeine Rhetorik studiert. Im Anschluss daran war er – bevor er Ende 2007 an die HU nach Berlin kam – Mitarbeiter am Sonderforschungsbereich 437 „Kriegserfahrungen. Krieg und Gesellschaft in der Neuzeit“ an der Universität Tübingen. Dort untersuchte er den Nexus von Krieg, Wissenschaft und Gesellschaft im 20. Jahrhundert. Mit der Arbeit „Alles ist Front!“ Wehrwissenschaften und die Bellifizierung der Gesellschaft vom Ersten Weltkrieg bis in den Kalten Krieg wurde er 2011 promoviert.
Bei re:work möchte Frank tief in sein neues Projekt eintauchen, das sich mit der „Kolonisierung der freien Zeit“ beschäftigt und nach der Konstruktion, dem Wandel und Füllungen dieses Zeit-Raumes fragt. Auf den ersten Blick scheint in der euro-atlantischen Welt der Moderne freie Zeit – ob als Feierabend, als Gang zu den Musen, als Erholung bzw. recreation, als Langeweile, als Zeit des Konsumierens oder ganz einfach als Freizeit – gerade in der Abgrenzung zu Arbeit ihren Rahmen zu bekommen. Zudem ist die frei Zeit tief in kollektive und individuelle Lebensläufe eingeschrieben. Doch Freie Zeit einfach ex negativo als Nicht-Arbeit zu verstehen greift zu kurz und führt in die Irre. Die Grenzen sind flexibel und durchlässig. Gerade auf die sich verändernden Konturierungen der freien Zeit, die sie formenden Diskurse sowie mögliche inhaltliche Bedeutungen, mit denen verschieden Akteure versuchen diesen Zeitraum zu füllen und mit Sinn zu belegen, richtet sich Franks Interesse. Der Zugang zur Thematik erfolgt über Orte wie das Werk/Fabrik, die Kneipe, das Stadion, den Hobbykeller und viele mehr. Damit wird eine Topologie der freien Zeit sichtbar und ein Beitrag zur Geschichte der Zeitwahrnehmung und Zeitregime der euroatlantischen Moderne geleistet.
Literatur
mit Emmanuel Droit, und Hélène Miard-Delacroix, Hrsg. Penser et pratiquer l’histoire du temps présent. Essais franco-allemands. Villeneuve d’Ascq: Presses universitaires du Septentrion, 2016.
mit Jan Hansen, und Christian Helm, Hrsg. Making Sense of the Americas. How Protest Related to America in the 1980s and Beyond. Frankfurt am Main: Campus, 2015.
„Zwischen Atomkrieg und Stadtguerilla. Kontinuitäten, Brüche und Anpassungen des Kriegsdenkens westdeutscher Wehrexperten von den 1950er Jahren bis zum NATO-Doppelbeschluss“. In Den Kalten Krieg denken. Beiträge zur sozialen Ideengeschichte, herausgegeben von Patrick Bernhard und Holger Nehring, 131–60. Essen: Klartext, 2014.
mit Emmanuel Droit. „La fin de l’histoire du temps présent telle que nous l’avons connue. Plaidoyer franco-allemand pour l’abandon d’une singularité historiographique“. Vingtième Siècle. Revue d’histoire, Nr. 118 (2013): 121–45.
„Alles ist Front!“ Wehrwissenschaften in Deutschland und die Bellifizierung der Gesellschaft vom Ersten Weltkrieg bis in den Kalten Krieg. Paderborn: Ferdinand Schöningh, 2012.
„Totaler Krieg – Totale Mobilmachung – Totale Wissenschaft. Die Bellifizierung der zivilen Gesellschaft im Zeitalter der Weltkriege am Beispiel der Wehrwissenschaften“. In Spiesser, Patrioten, Revolutionäre. Militärische Mobilisierung und gesellschaftliche Ordnung in der Neuzeit, herausgegeben von Rüdiger Bergien und Ralf Pröve, 662–81. Göttingen: V&R Unipress, 2010.
„Wehrwissenschaften. Zum Wechselverhältnis von Krieg und Wissenschaften im Zeitalter der Weltkriege“. In Mit Feder und Schwert. Militär und Wissenschaft - Wissenschaftler und Krieg, herausgegeben von Matthias Berg, 177–96. Stuttgart: Steiner, 2009.
Zuletzt aktualisiert: 18. April 2016
Professor Won Chul Shin
부산대학교 (Universität Busan), Südkorea
Eine vergleichende Untersuchung der Entwicklung kollektiver Entlassungen
Won Chul Shin ist Privatdozent am Fachbereich für Soziologie der Pusan National University in Südkorea. Er erhielt seinen Doktortitel am Fachbereich für Soziologie an der Seoul National University im Jahr 2001 und beschäftigt sich mit der Entwicklung von Wirtschafts- und Arbeitsbeziehungen, insbesondere im Schiffbausektor in Südkorea und Japan. Zu seinen Forschungsgebieten gehören interne Arbeitsmarktpraktiken, Subunternehmerverträge, Formen gewerkschaftlicher Organisation und die Strukturen von Tarifverhandlungen. Er ist derzeit am Forschungsvorhaben ‚In the Same Boat? Shipbuilding and ship repair workers: a global labour history (1950-2010)’ unter der Führung des International Institute of Social History beteiligt.
In seinem Vorhaben bei re:work befasst er sich mit den Ursprüngen und der Entwicklung kollektiver Entlassungen in Japan, Südkorea und Deutschland und vergleicht die aktuellen Prozesse beim Personalabbau in diesen Ländern, wobei er einen Schwerpunkt auf die Schiffbauindustrie seit 1950 setzt. Das Projekt untersucht Regelungen und Praktiken bei kollektiven Entlassungen in jedem einzelnen Land sowie die Konsequenzen dieser Regelungen und Praktiken für die Arbeiterbewegungen und die Solidarität unter den Arbeitern.
Literatur
„Betriebsinterne Unterverträge in der Schiffbauindustrie Ostasiens“. JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Nr. 2 (2013): 46–68.
Artikel auf Koreanisch
“Wartime Mobilization and its Legacies in South Korea“. In 1950-yŏndae Han’guk nodongja ŭi saenghwal segye (Life World of Korean Workers in 1950s), herausgegeben von Chong-gu Yi. Seoul: Hanul, 2010.
“The Evolution of Japanese Industrial Relations. A Case Study of the Mitsubishi Nagasaki Shipyard (1955-1965)“. Society and History 76 (2007): 335–63.
“Internal Subcontracting and Employment Relations in the South Korean Shipbuilding Industry“. Korean Journal of Labor Studies 12, Nr. 2 (2006): 349–77.
“The Evolution of Enterprise Union System in Korea (1945-1987). With a Focus on the Shipbuilding Industry“. Economy and Society 64 (2004): 118–47.
Zuletzt aktualisiert: 19. April 2016
Dr. Nitin Sinha
University of York, UK
Klein-England: Die Geschichte einer Eisenbahnstadt im Indien der Kolonialzeit, 1860er-1960er Jahre
Nitin Sinha ist Geschichtswissenschaftler für Südasien der Moderne und arbeitet insbesondere zu den Themen Arbeit, Geschichte des Transport- und Kommunikationswesens sowie zur Agrarökologie unter der britischen Kolonialherrschaft vom späten 18. bis zum 20. Jahrhundert. Zu seinen Forschungsgebieten gehören Städtebaugeschichte und Arbeitsgeschichte, die Geschichte des Reisens und der Kartographie sowie die Sozial- und Kulturgeschichte anhand gedruckter Hindi-Texte und Bildmaterialien.
Im Jahr 2012 erhielt Dr. Sinha einen Lehrauftrag an der University of New York. Zuvor hatte er eine Post-Doktoranden-Stelle am Zentrum Moderner Orient in Berlin, für das er auch weiterhin als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig ist.
Gemeinsam mit einigen jüngeren Kollegen gründete Dr. Sinha in Berlin im Jahr 2010 das Young South Asia Scholars Meet (Y-SASM, http://y-sasm.blogspot.com/), eine Plattform zur Verbesserung des akademischen Austausches unter Doktoranden und Postdoktoranden, die zum Thema Südasien arbeiten. Die Plattform hat seither bereits drei Jahreskonferenzen erfolgreich organisiert.
Bei re:work wird er sich mit der Geschichte von Jamalpur, einer Eisenbahnstadt im Indien der Kolonialzeit zwischen den 1860er und 1960er Jahren, beschäftigen. Geplant ist die Untersuchung des Wachstums und der Entwicklung dieser kleinen Industriestadt. Mit dieser Arbeit möchte er aufzeigen, dass die Geschichte von Kleinstädten, die leider häufig nicht umfassend untersucht werden, der Geschichte größerer Städte in nichts nachsteht. Sein Aufruf zur verstärkten Auseinandersetzung mit kleineren Städten soll keineswegs die Untersuchungen größerer Städte in Frage stellen, sondern zu einem besseren Verständnis der Beziehungen zwischen Politik und Diskurs der Kolonialherrschaft beitragen, die für Städte unterschiedlicher Größenordnung galten. Die vielfältigen Bevölkerungsgruppen europäischer, anglo-indischer, bengalischer und biharischer Herkunft brachten unterschiedliche Formen soziablen Verhaltens hervor. Handwerksbetriebe und kommunale Infrastruktureinrichtungen prägten diese Formen und wurden gleichzeitig von ihnen in Frage gestellt. Die diskursiven Seiten dieser Auseinandersetzung – Herkunft, Arbeit, Region, Identität, sanitäre Einrichtungen, Schutz und Protest – waren ebenso vielseitig wie ihre physischen Seiten: Straßen, Abwassersysteme, Werkhallen, Häuser, Felder, Toiletten und akharas (Ringplätze). Daher war Jamalpur aus europäischer und anglo-indischer Sicht ein Ort, der sich durch einen äußerst insularen und selbsterfüllenden Charakter auszeichnete. Aus dem Blickwinkel der Arbeit betrachtet, war Jamalpur ein erweiterter Ort, der auf der rhythmischen Zirkulation von Arbeit beruhte.
Da es sich um eine Industriestadt handelt, sind Arbeit und Qualifikation wichtige Forschungskategorien. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts kam es zu zahlreichen Streiks, einige von diesen wurden von den Arbeitern selbst organisiert, andere von den Gewerkschaften und nationalistischen Organisationen. Der betroffene Zeitraum zeichnet sich durch die Erstarkung der indischen Nationalbewegung aus, an der sich die Arbeiter und Bauern zunehmend beteiligten. Vor dem Hintergrund der Städtebaugeschichte werden die Erkenntnisse der Arbeitsforschung genutzt, um zu untersuchen, wie die Arbeiter ihre Forderungen auf Räume innerhalb der Stadt übertrugen, wie sie mit den nationalen und den Kolonialbehörden verhandelten und ob bzw. wann sie Teil der nationalen Mehrheitsbewegung wurden. Ziel dieser Untersuchung ist die Annäherung zwischen der Geschichte des Städtebaus, der Arbeit und des Transportwesens. Ein Ansatz, der von Wissenschaftlern erst in jüngster Zeit überhaupt aufgegriffen wurde.
Literatur
mit Nitin Varma, Hrsg. Servants’ Pasts. Late-Eighteenth to Twentieth-Century, South Asia. Bd. 02. 02 Bde. New Delhi: Orient Blackswan, 2019.
mit Nitin Varma und Pankaj Jha, Hrsg. Servants’ Pasts. Sixteenth to Eighteenth Century, South Asia. Bd. 01. 02 Bde. New Delhi: Orient Blackswan, 2019.
“‘Opinion’ and ‘Violence’. Whiteness, Empire and State-Formation in Colonial India“. South Asia Chronicle 4/2014 (2015): 322–51.
“Fluvial Landscape and the State. Property and the Gangetic Diaras in Colonial India, 1790s-1890s“. Environment and History 20, Nr. 2 (2014): 209–37.
“Contract, Work, and Resistance. Boatmen in Early Colonial Eastern India, 1760s–1850s“. International Review of Social History 59, Nr. S22 (2014): 11–43.
Communication and Colonialism in Eastern India. Bihar, 1760s-1880s. London: Anthem Press, 2012.
“Continuity and Change. The Eighteenth Century and Indian Historiography“. South Asia Chronicle 2 (2012): 416–40.
“Entering the Black Hole. Between ‘Mini-England’ and ‘Smell-Like Rotten Potato’, the Railway Workshop Town of Jamalpur, 1860s–1940s“. South Asian History and Culture 3, Nr. 3 (2012): 317–47.
“Protest and Mobilization. Aspects of Workers’ Resistance and Control“. In Labour Matters. Towards Global Histories. Studies in Honour of Sabyasachi Bhattacharya, herausgegeben von Marcel van der Linden und Prabhu P. Mohapatra. Tulika Books, 2009.
“Mobility, Control and Criminality in Early Colonial India, 1760s-1850s“. Indian Economic & Social History Review 45, Nr. 1 (2008): 1–33.
“The World of Workers’ Politics. Some Issues of Railway Workers in Colonial India, 1918–1922“. Modern Asian Studies 42, Nr. 5 (2008): 999–1033.
Zuletzt aktualisiert: 10. Oktober 2019
Dr. Sigrid Wadauer
Universität Wien, Österreich
Work, Livelihood and Mobility, Austria, 1880-1938
sigrid.wadauer(at)univie.ac.at
Historikerin, hat zu Handwerk, Autobiographik, Migration, Fremdheit, dem NS-Regime und zu Arbeit im 19. und 20. Jahrhundert geforscht. Zuletzt leitete sie an der Universität Wien das ERC-Starting Grant Projekt “The Production of Work. Welfare, Labour-Market and the Disputed Boundaries of Labour (1880-1938)" Dieses Projekt untersuchte, wie bestimmte Tätigkeiten zur Arbeit (gemacht) und als Arbeit normalisiert wurden und wie dies andere Tätigkeiten verändert und redefiniert hat. Anstatt eine – wie auch immer – vordefinierte Arbeit zum Ausgangspunkt zu nehmen, hat sich dieses Projekt die Auseinandersetzungen, die in Konflikt und Konsensus Arbeit erst erzeugt haben, zum Gegenstand gemacht. In die Untersuchungen wurden, über staatliche Instanzen, Perspektiven und eine offiziell anerkannten Arbeit hinaus, verschiedenste Praktiken und Kontexte einbezogen, unter anderem und wesentlich auch die – oft scheinbar macht- oder wirkungslosen – Praktiken derer, die einfach nur arbeiteten oder sich auf andere Art und Weise einen Lebensunterhalt organisierten.
Ihr Projekt im Rahmen von re:work beschäftigt sich, auf den Forschungen des ERC-Starting Grant Projekts aufbauend, mit Mobilität und Lebensunterhalten. Sigrid Wadauer rekonstruiert und vergleicht ein Variations- und Kontrastspektrum von Tätigkeiten, die mehr oder minder mit Arbeit assoziiert wurden: von der Suche nach Lohnarbeit oder einem Auskommen, über verschiedene reguläre selbständige und unselbständige Erwerbe (vom Hausieren bis zur Tätigkeit als Handelsvertreter) bis hin zu kriminalisierten Aktivitäten (dem unbefugten oder informellen Erwerb, der Bettelei und Landstreicherei). Manche dieser Praktiken mögen auf den ersten Blick als marginal oder traditionell, im Extrem als Nicht- oder Unarbeit oder gar als themenfremd erscheinen. Dementsprechend wurden sie von der Geschichtsschreibung zur europäischen Geschichte der Arbeit im 20. Jahrhundert häufig außen vor gelassen. Allerdings manifestieren diese Tätigkeiten deutlich die Auseinandersetzungen um die Grenzen, die Bestimmung und die Ordnung von Arbeit im Kontext der Herstellung eines Sozialstaates. Die Grundlage ihrer Untersuchung stellt der systematische Vergleich von Fällen auf Basis vor allem von Quellen dar, welche es erlauben, soziale Tatbestände als Zusammenhang von Praktiken zu verstehen und zu beschreiben (etwa Materialien aus der Gewerbeverwaltung oder Gerichtsakten). In diesem Zusammenhang geht Sigrid Wadauer auch der Frage altersspezifischer Praktiken, den Repräsentationen des Lebenslaufs (unter anderem anhand von Ego-Dokumenten) und der Erwerbsbiographie nach.
Literatur
Der Arbeit nachgehen? Auseinandersetzungen um Lebensunterhalt und Mobilität (Österreich 1880-1938). Wien: Böhlau, in Vorbereitung.
„Immer nur Arbeit? Überlegungen zur Historisierung von Arbeit und Lebensunterhalten“. In Semantiken von Arbeit. Diachrone und vergleichende Perspektiven, herausgegeben von Jörn Leonhard und Willibald Steinmetz, 225–46. Köln: Böhlau, 2016.
mit Thomas Buchner, und Alexander Mejstrik, Hrsg. The History of Labour Intermediation. Institutions and Finding Employment in the Nineteenth and Early Twentieth Centuries. New York, NY: Berghahn, 2015.
“The Usual Suspects. Begging and Law Enforcement in Interwar Austria“. In The Welfare State and the ‘Deviant Poor’ in Europe, 1870-1933, herausgegeben von Beate Althammer, Andreas Gestrich, und Jens Gründler, 126–49. Basingstoke: Palgrave Macmillan, 2014.
mit Alexander Mejstrik, und Thomas Buchner, Hrsg. Die Erzeugung des Berufs [= Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften, 24 (1)], 2013.
mit Thomas Buchner, und Alexander Mejstrik. “The Making of Public Labour Intermediation. Job Search, Job Placement, and the State in Europe, 1880–1940“. International Review of Social History 57, Nr. S20 (2012): 161–89.
“Establishing Distinctions. Unemployment versus Vagrancy in Austria from the Late Nineteenth Century to 1938“. International Review of Social History 56, Nr. 1 (2011): 31–70.
“Mobility and Irregularities. Itinerant Sales in Vienna in the 1920s and 1930s“. In Shadow Economies and Irregular Work in Urban Europe. 16th to Early 20th Centuries, herausgegeben von Thomas Buchner und Philip R. Hoffmann-Rehnitz, 197–216. Wien: LIT Verlag, 2011.
Die Tour der Gesellen. Mobilität und Biographie im Handwerk vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Frankfurt am Main: Campus, 2005.
Zuletzt aktualisiert: 10. Mai 2016
Professor Theresa Wobbe
Universität Potsdam, Deutschland
Making up People - Reworking Labour Statistics, Legal Norms, and Gender Categorisation in a European and Global Context
theresa.wobbe(at)uni-potsdam.de
lehrt Soziologie mit dem Schwerpunkt Geschlechtersoziologie an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam. Sie ist Mitglied des Graduiertenkollegs WIPCAD „Wicked Problems – Contested Public Administrations“ der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät und Fellow am „Potsdam Centre for Policy and Management“.
Sie beschäftigt sich mit dem institutionellen Wandel von Geschlechterdifferenz, Wissen und gesellschaftlicher Differenzierung an der Schnittstelle zu Politik, Recht und Wissenschaft aus historisch-soziologischer Sicht. Ihr besonderes Interesse gilt dem Zusammenspiel nationaler, supranationaler und globaler institutioneller Ebenen in einem weltgesellschaftlichen Kontext. Hierbei erforscht sie die Geschlechterpolitik der Europäischen Union und fragt nach den kulturellen Modellen der Klassifizierung von Arbeit, Beschäftigung und Recht. Gemeinsam mit Isabelle Berrebi-Hoffmann, Michel Lallement und Olivier Griraud untersucht sie seit 2008 in dem deutsch-französischen Forschungsprojekt „Die Metamorphosen der Gleichheit“ die Klassifizierungs- und Regulierungskonzepte von Geschlecht und Arbeit als Vergleich im Kontext (comparaison en contexte) der deutschen und französischen (Geschlechter-)Beziehungen.
Bei re:work wird sie sich auf die Frage nach der Wechselbeziehung konzentrieren, die zwischen den Verfahren der Personenkategorisierung und den Ideen von Arbeitsproduktivität auszumachen ist. Aktuelle Debatten über die Erosion des Normalarbeitsverhältnisses, den Wandel der Geschlechterverhältnisse und die Ökonomisierung der Gesellschaft werden dabei unter zwei Gesichtspunkten spezifiziert: Zum einen wird die Frage nach Wandlungsdimensionen mit Bezug auf 1900 in einen historischen Vergleichszusammenhang gestellt. Zum anderen wird ausgehend vom institutionalistischen Zugriff die kulturelle Bedeutung statistischer Beobachtung, rechtlicher Normen und geschlechtlicher Kategorisierung erschlossen. Den Gegenstandsbereich bilden Berufsstatistiken von Nationalstaaten, der EU und Internationaler Organisationen sowie arbeitsrechtliche Normen und administrative Steuerung. Vor diesem Hintergrund diskutiert sie, bis zu welchem Grad heutige Arbeitsstatistiken die globale Standardisierung von Produktivität reflektieren, während sie Geschlechterbeziehungen rekonfigurieren.
Literatur
„Globalisierung – weltkulturelle, weltgesellschaftliche, transnationale Perspektiven“. In Handbuch Religionssoziologie, herausgegeben von Volkhard Krech, Detlef Pollack, Markus Hero, und Olaf Müller. Wiesbaden: Springer VS, im Erscheinen.
„Das Globalwerden der Menschenrechte in der ILO. Die Umdeutung von Arbeitsrechten im Kontext weltgesellschaftlicher Strukturprobleme von den 1930er bis 1950er Jahren“. In Menschenrechte in der Weltgesellschaft. Deutungswandel und Wirkungsweise eines globalen Leitwerts, herausgegeben von Bettina Heintz und Britta Leisering, 283–316. Frankfurt am Main: Campus, 2015.
„Making up People. Berufsstatistische Klassifikation, geschlechtliche Kategorisierung und wirtschaftliche Inklusion um 1900 in Deutschland“. Zeitschrift für Soziologie 41, Nr. 1 (2012): 41–57.
“Statistical Ways of Knowing Gender. Open Questions from a Sociological Perspective“. In Gendered Ways of Knowing in Science? Scope and Limitations, herausgegeben von Stefanie Knauss, Theresa Wobbe, und Giovanna Covi, 75–91. Trento: Fondazione Bruno Kessler, 2012.
mit Isabelle Berrebi-Hoffmann, und Michel Lallement, Hrsg. Die gesellschaftliche Verortung des Geschlechts. Diskurse der Differenz in der deutschen und französischen Soziologie um 1900. Frankfurt am Main: Campus, 2011.
“The Metamorphosis of Gender in the European Community. Shifting Forms of Social Inclusion from the Nation-Building to the Market-Building Frame“. In Dignity in Change. Exploring the Constitutional Potential of EU Gender and Anti-Discrimination Law, herausgegeben von Silvia Niccolai und Ilenia Ruggiu, 69–87. Firenze: European Press Academic Publishing, 2010.
Weltgesellschaft. Bielefeld: transcript, 2000.
Zuletzt aktualisiert: 22. April 2016